Die seltsame Entstehung der Dschungelserie "Tibor" im September 1959 war ausschließlich dem Umstand zu verdanken, daß Walter Lehning juristisch zur Einstellung seines Erfolgsformats gezwungen wurde, nachdem er vor Gericht gegen den italienischen Lizenzgeber unterlag und "Akim" nicht mehr weiterführen durfte. Nun mußte schnellstmöglich eine neue Dschungelserie her, und sein Hauszeichner Hansrudi Wäscher stampfte "Tibor" innerhalb einer Woche aus dem Boden. Allerdings bemühte sich der Zeichner, seinen neuen Helden gegen Pedrazzas Akim insofern abzugrenzen, indem Tibor nicht etwa bereits als Baby nach Afrika gelangt, sondern als bereits erwachsener Millionenerbe, der über die entprechende Zivilisationserfahrung verfügt und sich bewußt für ein "Leben in der Natur" entscheidet. Ein weiterer Unterschied liegt in der genaueren geographischen Verortung des neuen Lehning- Helden, da sein Boot zwischen Malindi und Mombasa stoppt und das Wasserflugzeug direkt nach Nairobi fliegen soll. So läßt sich die weitere Handlung durchaus im Vierländereck Sudan, Äthiopien, Kenia und Uganda ansiedeln.
Unsere Geschichte beginnt mit der Reise des jungen Millionenerben Gary Swanson, der sich mit seiner Yacht "Stella Maris" auf seiner Reise um den schwarzen Kontinent befindet. Gary will die Fauna Afrikas beobachten und filmen, doch wird er unversehens zum Opfer seines von Eifersüchteleien geplagten Cousins, der sich ebenfalls an Bod befindet. Dieser unterschlägt kurz vor dem Start des Flugzeugs glattweg eine Unwetterwarnung, so daß Gary bald in ein Tropengewitter gerät und abstürzt. Der Pilot übersteht den Absturz nicht, Gary dagegen überlebt, leidet unter Amnesie und befreit umgehend einen großen Affen, der von einem umgestürzten Baum am Boden eingeklemmt ist. Prompt erhält er von diesem seinen neuen Dschungelnamen: Ti-Bor, der Hilfsbereite. Der Gorilla Kerak bringt Gary/ Tibor zu seinem Volk, wo der Zweibeiner jedoch rundweg auf Ablehnung stößt, so daß sich die beiden auf den Weg in eine unbekannte Zukunft machen.
Tibor, der bereits in seinem früheren Leben ein ausgezeichneter Sportsmann war, paßt sich leicht den harten Bedingungen des Dschungellebens an und lernt nun ebenfalls, die Sprache der großen Affen zu verstehen und die Gefahren des Dschungels stets rechtzeitig zu erkennen. Bald ist seine alte Kleidung zerfetzt, und er tauscht diese gegen einen Lendenschurz aus dem Fell eines getöteten schwarzen Leoparden ein. Bald darauf spüren die Freunde einen ausgewachsenen Tyrannosaurus Rex auf, dem nur beizukommen ist, indem Tibor ihn über eine Klippe in die Tiefe stürzen läßt und Kerak dem Ungeheuer mit einem Felsbrocken den Rest gibt. Was folgt, ist der Showdown des Dschungelhelden mit dem Leittier der Gorillas, Bulgo, durch den Tibor zum Stammesführer der großen Affen aufsteigt.
Gleichzeitig ist Tibors Erinnerung an sein Vorleben wieder zurückgekehrt, und der Dschungelheld begibt sich zum nächsten Posten der englischen Kolonialverwaltung. Doch, wieder in der Zivilisation angelangt, erwartet ihn eine böse Überraschung. Sein mißgünstiger Vetter hat Gary Swansons gesamtes Vermögen mittlerweile verschleudert, und auch seine schnöde Freundin Judy hat am Vortag einen anderen geehelicht. Frustriert beschließt Tibor daher, in den Dschungel zurückzukehren, wo er sich zu "seinen" Gorillas begibt und gemeinsam mit Kerak in das "Tal der glitzernden Steine" geht, damit er den Major der Dschungelpolizei für das Überseeferngespräch mit seinen New Yorker Anwälten entschädigen kann.
Nicht ganz einfach gestaltete sich, so erinnerte sich Hansrudi Wäscher später, die Suche nach einem passenden neuen Namen für seinen Dschungelhelden. Wäscher: "Das ist eine groteske Geschichte. Mir fiel zunächst kein Name ein. Meiner Frau auch nicht. Wir überlegten stundenlang, krochen schließlich über die Landkarte und versuchten, einen zugkräftigen Namen zusammenzubasteln. Wir hatten schließlich eine Liste von ungefähr achtzig Vorschlägen und kamen so auf den Namen Tibor. Einige Tage, nachdem ich das erste Heft abgeliefert hatte, sah ich an einer Litfaßsäule ein Plakat mit einer Konzertankündigung. Der Name des Dirigenten war Tibor...Bis dahin wußte ich nicht, daß Tibor ein osteuropäischer Vorname ist !...Um ein Haar hätte ich die Serie allerdings nicht Tibor, sondern Tabor genannt. Ich war heilfroh, daß ich den Namen wegen des dunklen Klangs nicht nahm, denn später erfuhr ich,, daß es bei dem italienischen Akim- Verlag bereits eine Serie dieses Namens gab ! Das wäre fatal gewesen, die Italiener hätten bestimmt gesagt: Was denn, jetzt lassen sie endlich den Akim verschwinden und nehmen dafür den Tabor ?"
Zweifelsfei identifizierte sich Wäscher stärker mit seiner neuen Kreation "Tibor" als mit der Fortführung des Pedrazza- Akim, ersichtlich vor allem an den Settings und den sehr dichten Bildkompositionen, bestehend aus einem dichten Geflecht dicker Stämme, knorrigen Wurzeln, verwachsenen Ästen, borstigem Gestrüpp, Farnen, Lianen und Palmbüscheln. Verbirgt sich Tibor in seiner Dschungelflora, dann scheint er oft regelrecht mit ihr zu verschmelzen.
In seinem nächsten Abenteuer legt Tibor Diamantenräubern das Handwerk und legt dabei im Kontrast zu seiner Dschungelwelt jetzt weite Strecken über Steppe und Savanne zurück. Ganz verzichten auf die Errungenschaften der Zivilsation mag er letztendlich doch nicht, denn nach der Ablieferung der Diamantengangster auf der Polizeistation bringt er einen soliden Dolch mit zurück in den Dschungel, der ihm fortan treue Dienste leisten wird. Kurz darauf kommt das Messer bereits zum Einsatz, als Tibor einen an Pfählen aufgehängten Eingeborenen losschneidet, dessen Sohn einem riesigen Büffel geopfert soll, damit dieser "Tödliche Schatten" die Dorfbewohner in Zukunft verschont. Auch dieses Anforderung bewältigt unser Dschungelheld und stößt in seinem nächsten Abenteuer auf ein Filmteam, dessen überdrehter Jungstar Teddy wild im Dschungel herumknallt. Tibor setzt dem Filmteam daraufhin eine Frist, sein Gebiet zeitnah wieder zu verlassen, was dieses jedoch ignoriert und seine Dreharbeiten munter weiter fortsetzt. Doch dann wird die Angelegenheit plötzlich brisant, als Starlet Teddy verschwindet, eine Lösegeldforderung eintrifft und Tibor den Jungen befreien muß, nachdem er zwischenzeitlich in Verdacht geraten ist, selbst hinter der Entführung zu stecken. Das Abenteuer hat den bis dahin hochnäsigen, überdrehten Teddy in einen völlig normalen, netten Jungen verwandelt, der zukünftig nur noch mit dem abgerichteten Hund der Entführer filmen will.
Erstmalig treten in diesem Abenteuer auch zwei kleine Affen auf, die in den Folgeheften noch eine bedeutende Rolle spielen werden...
www.youtube.com/watch?v=z6YGDyUsUeI
www.youtube.com/watch?v=nSNjbFzVm7E