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    Mittwoch, 1. Mai 2024, 16:39

    Kabarett für alle - Über die Geschichte der Münchner Lach- und Schießgesellschaft

    Im Jahre 1956 gegründet, zählte die "Münchner Lach- und Schießgesellschaft" insbesondere in den 60er Jahren nicht zuletzt durch ihre Fernsehpräsenz zu den bekanntesten deutschen Kabarettensembles. Unter der Leitung des Sportreporters und Regisseurs Sammy Drechsel entwickelte sich die Gruppe, bestehend aus der attraktiven Ursula Noack, Hans- Jürgen Diedrich, Klaus Havenstein, Dieter Hildebrandt und etwas später mit Jürgen Scheller zu dem in Deutschland führenden politischen Kabarettensemble, das insbesondere das bundesdeutsche Zeitgeschehen mit satirischer Schärfe und ausgesprochener Spielfreude unter die Lupe nahm und für unzählige nachfolgende Kabarettisten im deutschsprachigen Raum als Vorbild diente. Die Urformation löste sich bereits im Jahre 1972 wieder auf und wurde 1976 unter gleichem Namen mit wechselnden Mitgliedern neugegründet, die jedoch nicht zuletzt aufgrund eines geänderten Zeitgeistes nicht mehr in vollem Umfang an den Erfolg der Urformation anknüpfen konnte.
    Wie fing alles an ? Am 12. Dezember 1956 präsentierte die Gruppe mit "Denn sie müssen nicht, was sie tun" ihr erstes Programm im Münchner "Stachelschwein" unter Sammy Drechsel. Auf der Bühne standen damals neben Dieter Hildebrandt H.-J. Diedrich, Klaus Havenstein sowie die damals bereits sehr erfolgreiche Kabarettistin Ursula Herking, die die Formation jedoch bereits im Winter 1957 wieder verließ und die durch Ursula Noack ersetzt wurde. 1958 übernahm Sammy Drechsel als Pächter das Schwabinger "Stachelschwein", und in den Folgejahren brach die wohl erfolgreichste Zeit des Ensembles an, mit stets ausverkauften Vorstellungen und einer völlig neuartigen Zielgruppe: dem Fernsehpublikum. Früher als andere erkannte Sammy Drechsel die enormen Chancen des neuen Mediums und brachte durch seine Beziehungen bereits im Jahre 1957 das erste Programm des Münchner Kabaretts ins Fernsehen.
    Auch hatten die Mitglieder des Ensembles mittlerweile ihre Rollen gefunden. Klaus Havenstein glänzte vor allem als Parodist, H.-J. Diedrich schlüpfte in die Rolle des "kleinen Mannes" und Dieter Hildebrandt gab den stotternden Intellektuellen, dessen Solonummern oft den Höhepunkt der Vorstellung bildeten. Etwas schwerer hatte es die attraktive Ursula Noack, die sich nicht gleichermaßen profilieren konnte. Im Jahre 1962 stieß Jürgen Scheller zum Ensemble, der den Part eines Sonnyboys und forschen Draufgängers übernahm. Gleichfalls ab 1962 unternahm die "Münchner Lach- und Schieß" ausgedehte Herbsttourneen und spielte über Jahre hinweg in ausverkauften Häusern. Auch durch Schallplatteneinspielungen vergrößerte sich der Bekanntheitsgrad des Kabaretts.
    Wie bei anderen Kabarettensembles auch, erwies sich der wachsende Erfolg der Formation gleichzeitig auch als Dilemma , denn Angriffe gegen den Kapitalismus sowie gegen die Markt- und Konsumgesellschaft der bundesdeutschen Hochkonjunktur der 60er Jahre bildeten gleichzeitig den Nährboden für den Aufstieg der Gruppe. Gelegentliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit und Ernsthaftigkeit des Ensembles kamen auch durch den Umstand auf, daß in den Fernsehsendungen immer wieder hochrangige Politiker gezeigt wurden, die im Publikum saßen, das Programm scheinbar äußerst amüsant fanden und an denen die beißende Kritik offensichtlich mühelos abprallte. So sorgte z.B. im Jahre 1964 ein Besuch des Ensembles bei Bundeskanzler Ludwig Erhard für große Irritationen, als es bei einer anschließenden Fernsehdiskussion mit Bundestagsabgeordenten den Kabarettisten nicht gelingen wollte, sich in gewohnter Schärfe zu profilieren. Insbesondere von den nachgewachsenen Generationen der Nachkriegsjahre kam Kritik, so durch die Aussage, daß es sich bei der "Lach- und Schieß" eigentlich nur um die "Hofnarren des bundesdeutschen Establishments" handeln würde, denen gewisse Freiheiten zugestanden würden. Infolge mühten sich die beiden Hauptautoren Hildebrandt und Schreiner um mehr Tiefe und Ernsthaftigkeit und erreichten einen neuen Programmhöhepunkt mit ihrem fünfzehnten Programm "Der Moor ist uns noch was schuldig" vom September 1968.
    Nach über zehn Jahren Mitgliedschaft im Ensemble und gewissen Abnutzungserscheinungen wuchs bei den meisten Mitgliedern der Wunsch nach einer beruflichen und inhaltlichen Neuorientierung. In den Jahren 1969 und 1970 verließen Klaus Havenstein und H.-J. Diedrich die Truppe und wurden durch Horst Jüssen und Achim Strietzel ersetzt. Am 23. November 1972 verabschiedete sich dann das bisherige Ensemble der "Lach- und Schießgesellschaft" mit einer letzten Aufführung seines neunzehnten Programms endgültig von seinem Publikum.
    Wie bereits erwähnt, verdankte die "Lach- und Schieß" ihre immense Popularität in den 60er Jahren den Ausstrahlungen im Rundfunk und vor allem im Fernsehen, mit dem ein völlig neuer "Kundenkreis" erschlossen werden konnte. So wurden in den Programmen mit schöner Regelmäßigkeit prominente Gäste unter den Zuschauern auf die Schippe genommen, wobei sich das Kabarett bei den Übertragungen ihrer Programme allerdings einigen Vorgaben der Sendeanstalten anpassen mußte. So waren die Themen Religion und Kirche sowie allzu freizügige Sujets im öffentlich- rechtlichen Fernsehen dieser Jahre absolute Tabuthemen. Bereits ab Anfang der 60er Jahre präsentierte sich das Ensemble neben ihren Standardprogrammen mit der damals sehr populären Silvestersendung "Schimpf vor 12".

    www.youtube.com/watch?v=i4Gou1ojQ7Y