Im frühen 20. Jahrhundert erschienen Comics noch nicht in Heft- oder Buchform, sondern wurden quasi als humoristisches Extra in Form von "Comic Strips" in den verschiedenen Tageszeitungen sowie in Wochen- und Monatspublikationen veröffentlicht. Eine bedeutende Wurzel der frankobelgischen Comics waren dabei die vielfältig erscheinenden Kinder- und Jugendzeitschriften der katholischen Kirche, in denen auch gezeichnete "Bildererzählungen" auftauchten. Den ersten originären französischen Comic schuf im Jahre 1925 Alain Saint- Organ mit "Zig et Puce", einer Art französischen Variante von Laurel und Hardy, der in der Zeitung "Le Dimanche Illustré" erschien. Im Unterschied zu den bereits früher erschienenen europäischen Comic Strips bestand diese Reihe nicht aus abgeschlossenen Gags, sondern aus von Woche zu Woche fortgesetzten Abenteuern. Ab 1929 erschien in der Zeitschrift "Le Petit Vingtième" mit dem Abenteuer "Tintin au pays des Soviets" der erste "richtige" belgische Comic, siehe hierzu den speziellen Blog über "Tim und Struppi" in dieser Rubrik. Die Abenteuer des jungen Reporters Tintin in den damals modernen Knickerbocker- Hosen stammten aus der Feder von Georges Prosper Remi, der unter dem Pseudonym Hergé in den darauffolgenden Jahrzehnten berühmt werden sollte.
Im Jahre 1934 gründete der Ungar Paul Winkler das "Journal de Mickey", nachdem er einen Lizenzvertrag mit dem amerikanischen King Features Syndicate geschlossen hatte. Die achtseitige Wochenzeitung entwickelte sich zum ersten französischen Comicmagazin, wurde auf Anhieb ein Erfolg, und bald folgten andere Verleger diesem Beispiel und begannen, Zeitschriften mit amerikanischen Comicformaten zu veröffentlichen. Infolge entstand eine Vielzahl von ähnlichen Magazinen, die zunächst jedoch fast ausschließlich amerikanisches Importmaterial enthielten. Die wichtigsten dieser Magazine waren "Robinson", "Hurra" sowie "Coeurs Vaillant", während in Belgien u.a. "Bravo!" entstand. Im Jahre 1938 wurde dort auch das Magazin "Spirou" gegründet, in dem neben amerikanischen Importserien von Beginn an auch eigenes Material produziert wurde, insbesondere die Reihe um den Hotelboy "Spirou", den Namensgeber des Magazins.
Nach der Besetzung Belgiens und Frankreichs durch deutsche Truppen im Jahre 1940 wurde es zunächst unmöglich, weiterhin amerikanische Serien zu importieren. Aus dieser Situation heraus boten sich einheimischen Künstlern Gelegenheiten, sich auch als Zeichner von Comics zu versuchen. Indem sie zunächst amerikanische Vorbilder kopierten, erlernten oder vertieften sie ihre entsprechenden Fähigkeiten, und schon bald verschwanden die nachgemachten Versionen amerikanischer Comics aus den Magazinen und wurden durch eigene Schöpfungen ersetzt. Hergé wechselte zu dieser Zeit zu der Tageszeitung "Le Soir", um seinen "Tintin" weiter veröffentlichen zu können, allerdings galt diese Publikation als sehr deutschfreundlich, sodaß Hergé sich nach Kriegsende mit Kollaborationsvorwürfen konfrontiert sah und ihm faktisch ein zweijähriges Publikationsverbot auferlegt wurde.
Als nach Kriegsende amerikanische Comics wieder zur Verfügung standen, waren die frankobelgischen Erzeugnisse bereits so stark in der Gunst der Leserschaft verankert, so daß sich viele Verleger zur Fortsetzung der landeseigenen Serien entschieden. Viele der bekanntesten Künstler des frankobelgischen Comics begannen ihre Laufbahn in den frühen Nachkriegsjahren, so z.B. André Franquin, Peyo, Willy Vandersteen, Jacques Martin oder Albert Uderzo. Anfang der 50er Jahre begannen sich dann die Magazine "Spirou" und das "TinTin- Magazin" als die einflussreichsten belgischen Comicmagazine zu etablieren. Hergé wurde mit seinem speziellen Zeichenstil der "klaren Linie" zum Mentor vieler Comiczeichner und beeinflußte maßgeblich den Zeichenstil von Künstlern wie Bob de Moor, Jacques Martin, Roger Leloup oder Edgar P. Jacobs.
Einen nicht unerheblichen Einfluß auf die weitere Entwicklung der eigenständigen Comicproduktion in Frankreich und Belgien hatte eine Gesetzgebung, die exzessive Gewaltdarstellungen in Publikationen für Kinder und Jugendliche zu unterbinden suchte. Infolge wurde ein nicht unerheblicher Teil amerikanischer Importcomics in Frankreich und Belgien nicht mehr veröffentlicht, und die dadurch entstandene Angebotslücke wurde zum großen Teil durch landeseigene Produktionen ausgeglichen.
In den 60er Jahren begann sich zunehmend auch ein erwachsenes Publikum für frankobegische Comics zu interessieren. Neue Magazine wie das französische "Pilote" paßten sich dieser Nachfrage mit anspruchsvolleren Serien wie "Asterix", "Der rote Korsar", "Tanguy und Laverdure", "Valerian und Veronique" sowie mit "Leutnant Blueberry" dem gewandelten Publikumsinteresse an. In den 70er Jahren setzte sich dieser Trend zum Erwachsenencomic weiter fort, und Zeichner wie Gottlib, Moebius, Druillet und Bilal stehen für diese neue Entwicklung mit neuen Inhalten von phantasievollen Zukunftsvisionen bis zu Erotikcomics, verbunden mit der gleichzeitigen Weiterentwicklung graphischer Stile. Zur Heimat vieler Vertreter dieser Comicrichtung wurde das avantgardistische Magazin "Métal Hurlant / Schwermetall". Gleichzeitig fand im Jahre 1974 der erste Comic- Salon in Angoulème statt.