"Bonanza" gehörte für meinen Vater und mich zwischen 1967 und 1969 zum sonntäglichen Pflichtprogramm.
Und das, obwohl einzelne Folgen bei uns bereits zu einer Zeit, in der Westernserien wie "Bonanza" noch Ereignischarakter hatten, zu gelegentlichen Gähnattacken führten. Der Grund lag in der sehr unterschiedlichen Qualität der Drehbücher und dem Konzept dieses Westernformats als Familienserie, die es allen recht machen wollte. Mein alter Herr und ich mochten die spannenden Episoden dieser Reihe. Mit den Spaßfolgen, z.B. "Hoss als Osterhase", konnten wir damals eher wenig anfangen.
"Bonanza" war neben "Gunsmoke/ Rauchende Colts" die bekannteste und auch langlebigste TV- Westernserie der 50er bis 70er Jahre. Die Reihe wurde 1958/ 59 von David Dortort entwickelt und war in den USA erstmals am 12.9.59 auf NBC zu sehen. Ausgestrahlt wurden dort bis Januar 1973 insgesamt 431 Folgen in 14 Staffeln.
Technisch außergewöhnlich für die damalige Zeit war, daß von Anfang an in Farbe produziert wurde, um den Absatz von damals noch sehr kostspieligen Farbfernsehern zu fördern.
Der Plot dürfte auch den meisten Nicht- Westernfans allgemein bekannt sein. Die Geschichte um den Großrancher Ben Cartwright und seine drei Söhne spielt in den 60er/ 70er Jahren des 19. Jhdts. im Staat Nevada, der just zu dieser Zeit durch gigantische Silberfunde in der Comstock- Mine von sich reden machte und zahlreiche Glücksritter nach Virginia City lockte. Carson City war dagegen der Verwaltungssitz und beherbergte eine Münzprägestätte, spielte aber ansonsten in "Bonanza" eine eher untergeordnete Rolle.
Ben Cartwright (Lorne Greene) und seine drei Söhne Adam (Pernell Roberts), Hoss (Dan Blocker) und Joseph "Little Joe" (Michael Landon) bewirtschaften die riesige Ponderosa- Ranch zwischen Lake Tahoe, Virginia City und Carson City. Sie betreiben keinen Bergbau, sondern beschäftigen sich vorwiegend mit Viehzucht und Holzwirtschaft. Insbesondere in einigen der frühen Folgen wird ihr Besitz immer wieder von Winkeladvokaten, Landräubern und "wilden" Siedlern bedroht. In unmittelbarer Nachbarschaft lebt der Indianerstamm der Paiute mit ihrem Häuptling Winnemuca, zu denen die Cartwrights ein freundschaftliches Verhältnis anstreben. Dennoch gibt es gelegentlich Konflikte mit diesem Stamm, z.B. aufgrund einer Hungersnot.
Die gute Seele der Ranch ist der chinesische Koch der Ponderosa, Hop Sing (Victor Sen Yung). Hier wird am Rande die Masseneinwanderung chinesischer Immigranten an der Westküste der USA in den 60er/ 70er Jahren des 19. Jhdts. thematisiert. Viele der eingewanderten Chinesen fanden im Eisenbahnbau oder im Dienstleistungsgewerbe Verwendung.
Ein gutes Verhältnis haben die Cartwrights zu dem Sheriff von Virginia City, Roy Coffee (Ray Teal) und seinem Deputy Clem Foster (Bing Russell). Roy steht aufgrund seines vorgerückten Alters Ben und seinen Söhnen oft mit Rat und Tat zur Seite und wird von diesen im Gegenzug unterstützt, wenn Hilfe benötigt wird.
Nachfolgend die Staffelübersicht mit den Zeitdaten der Erstausstrahlung in den USA. Eine Auflistung der in Deutschland gesendeten Folgen wäre zwar technisch möglich, aber wenig sinnvoll, da diese nicht chronologisch ausgestrahlt wurden. Eine Reihe von Episoden wurde bei uns auch nie gesendet.
So wurde z.B. Episode 1 "A rose for Lotta/ Eine Falle für Little Joe" bereits 1962 im Programm der ARD ausgestrahlt, während der geneigte deutsche Fernsehzuschauer auf die Schlußfolge 431 "The Hunter/ Der Jäger" bis 1997 (!) warten mußte.
Staffel 1 (32 Episoden). EA September 1959 bis April 1960
Staffel 2 (34 Episoden). EA September 1960 bis Juni 1961
Staffel 3 (34 Episoden). EA September 1961 bis Mai 1962
Staffel 4 (34 Episoden). EA September 1962 bis Mai 1963
Staffel 5 (34 Episoden). EA September 1963 bis Mai 1964
Staffel 6 (34 Episoden). EA September 1964 bis Mai 1965
Staffel 7 (33 Episoden). EA September 1965 bis Mai 1966
Staffel 8 (34 Episoden). EA September 1966 bis Mai 1967
Staffel 9 (34 Episoden). EA September 1967 bis Juli 1968
Staffel 10 (30 Episoden). EA September 1968 bis Mai 1969
Staffel 11 (28 Episoden). EA September 1969 bis April 1970
Staffel 12 (28 Episoden). EA September 1970 bis Mai 1971
Staffel 13 (26 Episoden). EA September 1971 bis April 1972
Staffel 14 (16 Episoden). EA September 1972 bis Januar 1973.
Pernell Roberts stieg 1965 nach dem Ende der 6. Staffel aus der Serie aus, da er sich schauspielerisch unterfordert fühlte und sich nicht zu einseitig auf das Westernformat festlegen lassen wollte. Er wurde zwei Staffeln später durch "Candy" (David Canary) ersetzt, der diese Rolle jedoch nur bedingt ausfüllen konnte und nie die Beliebtheit von "Adam" erlangte. Canary besetzte die Staffeln 9 bis 11 und verließ die Serie anschließend wieder aufgrund massiver Gehaltsdifferenzen, da er eine Gleichstellung der Gage mit der von Lorne Greene verlangte. Dies lehnten die Produzenten der Serie jedoch ab.
Im Mai 1972 starb überraschend Dan Blocker mit nur 44 Jahren an Lungenembolie während einer Gallensteinoperation. Er wurde dann zu Beginn der 14. Staffel wiederum durch David Canary ersetzt.
Nach dem überraschenden Tod Dan Blockers gingen die Einschaltquoten der nachfolgenden Episoden stark zurück, ein Trend, der durch die Verlegung des Sendeplatzes noch weiter befördert wurde. Aufgrund des immer schwächer werdenden Zuschauerzuspruchs und der immer deutlicher werdenden Abnutzungserscheinungen des Formats wurde die Ausstrahlung der Serie im Januar 1973 mit Folge 431 ("The Hunter") dann endgültig eingestellt.
Die Absetzung von "Bonanza" fügte sich nahtlos in die generelle Krise des TV- Westerngenres zu dieser Zeit ein, das seine goldenen Zeiten in den 50er und 60er Jahren erlebt hatte und nun schlichtweg einem geänderten Zeitgeist zum Opfer fiel, der die "Eroberung des Westens" einer zunehmend kritischeren Bestandsaufnahme unterzog.
Typisch für "Bonanza" war, daß in den ersten Staffeln ein oder zwei Gaststars auftraten, die im Vorspann auch werbewirksam präsentiert wurden. Einige davon wurden durch andere Produktionen in späteren Jahren sehr populär, z.B. James Coburn, Charles Bronson, Telly Savalas, George Kennedy, Leonard Nimoy, De Forest Kelley u.v.a.
In der letzten Staffel wurde der Cartwright- Adoptivsohn Jamie (Mitch Vogel) in die Serie eingeführt, um auch ein jüngeres Publikum ansprechen zu können. Er gewann jedoch ebensowenig an Beliebtheit in der Publikumsgunst wie William Cartwright (Guy Williams), der in einigen Folgen der 5. Staffel auftrat und ursprünglich Pernell Roberts ersetzen sollte.
Der Kanadier Lorne Greene erzielte nach "Bonanza" noch einmal 1978/80 einen Achtungserfolg als Commander Adama in der SF -Serie "Kampfstern Galaktika". Mit seinen Schauspielerkollegen Michael Landon und Dan Blocker war er auch privat eng befreundet. Lorne Greene starb, 72- jährig, im Jahre 1987.
Der New Yorker Michael Landon spielte ab 1974 eine Hauptrolle in der sehr erfolgreichen Serie "Unsere kleine Farm", für die er auch gleichzeitig Produzent, Drehbuchautor und Regisseur war. Landon starb 1991 mit nur 55 Jahren an Bauchspeicheldrüsenkrebs.
Pernell Roberts hatte nach seinem Ausscheiden aus der Serie zunächst eine längere berufliche Durststrecke zu bewältigen. In den 80ern war er dann mit der Hauptrolle in der Arztserie "Trapper John, M.D." noch einmal erfolgreich. Roberts starb 2010, 82- jährig, an einem Bauchspeicheldrüsentumor.
In Deutschland wurden 13 Episoden erstmalig ab Oktober 1962 im Programm der ARD ausgestrahlt, danach von den Verantwortlichen aber wegen "zu großer Brutalität" aus dem Programm genommen.
Ab August 1967 liefen dann bis 1977 im frühen Sonntagabendprogramm des ZDF meist gegen 18.00 Uhr 208 Folgen von "Bonanza", unterbrochen lediglich zwischen 1969 und 1973 durch andere Westernserien wie "Big Valley" oder "The Virginian/ Die Leute von der Shiloh Ranch". Weitere Episoden wurden seit den 90er Jahren von diversen deutschen Privatsendern ausgestrahlt.
Zwischen 2005 und 2013 erschienen sämtliche 14 Bonanza- Staffeln als DVD- Editionen. Die frühen Auflagen enthielten beiliegend informative Begleithefte, die in den späteren Auflagen nach einem Verlagswechsel nicht mehr enthalten waren. Alle Folgen wurden in chronologischer Reihenfolge der amerikanischen Erstausstrahlung und "digitally remastered" verlegt, so daß in dieser Hinsicht keine Wünsche offenbleiben. Damals ausgesparte Sequenzen der deutschen Version wurden mit Untertiteln versehen. Einige wenige, in Deutschland nie ausgestrahlte Episoden werden im englischen Original mit deutschen Untertiteln angeboten.
Zahlreiche Folgen sind darüber hinaus z.Zt. sowohl in englischer Originalfassung als auch mit deutscher Synchro auf
www.youtube.com eingestellt.
In der Comic- Umsetzung erschienen 21 Hefte im Bildschriften- Verlag zwischen 1969 und 1971. 103 weitere Großbände wurden zwischen 1973 und 1977 von Bastei verlegt und sind auch heute noch leicht im antiquarischen Fachhandel erhältlich.
Im Engelbert- Verlag erschienen zwischen 1968 und 1972/73 zehn verschiedene peb- Fernsehbücher. Darüber hinaus verlegte der Neue Tessloff- Verlag 1969/70 sechs verschiedene illustrierte Fernsehbücher für die etwas jüngeren Leser. Insbesondere die jeweils letzten Ausgaben dieser beiden Reihen sind nicht häufig und werden heute von Spezialsammlern gesucht.