Nicht zuletzt durch die Vielzahl der Auftritte hochkarätiger Formationen und die spätere filmische Dokumentation blieb das Isle of Wight- Festival von 1970 im Bewußtsein vieler Zeitzeugen haften, obwohl die jährlich stattfindende Veranstaltung bereits 1968, also ein Jahr vor Woodstock, ins Leben gerufen wurde.
Im August ´70 erlebte die britische Insel einen außergewöhnlichen Besucheransturm. Nach groben Schätzungen der damaligen Veranstalter kamen zwischen 500.000 und 700.000 Besucher zum Festival auf die Isle of Wight. Während es ein Jahr zuvor in Woodstock noch weitgehend friedlich geblieben war, kam es auf der IoW relativ schnell zu Auseinandersetzungen zwischen Künstlern und Organisatoren auf der einen und Teilen der Besucher auf der anderen Seite. Der Hintergrund bestand in "politischen" Forderungen, daß diese Veranstaltung ebenso wie Woodstock zum "free event" erklärt werden sollte. Schnell schlugen diese Anliegen in offene Agressionen von "Aktivisten" um, so daß Auftritte einzelner Formationen unterbrochen werden mußten und Sängerin Joni Mitchell angesichts dieser Umstände in Tränen ausbrach.
Aus naheliegenden Gründen sperrten sich die Veranstalter gegen diese Forderungen, so daß sich angesichts anhaltender Störungen Bühnenmoderator Rikki Farr zu der legendär gewordenen Aussage hinreißen ließ: " We put this festival on for you bastards, with a lot of love. We worked for one year for you pigs. Now you wanna break our walls and you wanna destroy it ? Well: you go to hell !"
Der streckenweise chaotische Verlauf des Festivals sollte im Nachgang noch ungeahnte Konsequenzen nach sich ziehen. Das britische Parlament beschloß ein Gesetz, wonach derartige Veranstaltungen mit mehr als fünftausend Teilnehmern einer Sondergenehmigung unter verschärften Auflagen bedurften.
Ähnlich wie Woodstock war "Isle of Wight ´70" eine Versammlung von Top- Formationen der zeitgenössischen Pop- und Rockszene. Gruppen wie The Who, Jimi Hendrix (der zwei Monate später starb), The Doors, Emerson, Lake & Palmer (die 1970 ihren ersten großen Auftritt hatten), Jethro Tull, Supertramp, The Moody Blues, Chicago, Procol Harum, Ten Years After, Sly & The Family Stone, Melanie, Donovan, Joan Baez, Joni Mitchell, Leonhard Cohen, Richie Havens, aber auch Jazzkoryphäen wie Miles Davis waren vertreten.
Ähnlich wie bei Woodstock ist die anhaltende Bekanntheit von "Isle of Wight ´70" dem Umstand zu verdanken, daß die Veranstaltung mehrfach professionell verfilmt und vermarktet wurde. Die bedeutendste Umsetzung dürfte die rund zweistündige Doku von Murray Lerner sein: "Message To Love. The Isle of Wight Festival", die zahlreiche Eindrücke sowie Hintergrundinformationen bietet und erst 1995 während des San José- Filmfestivals uraufgeführt wurde.
Festzuhalten bleibt noch, das wegen der zahlreichen Störungen des Programmablaufs die Formation Mungo Jerry letztendlich bei diesem Event nicht auftreten konnte, was ihrer späteren Beliebtheit jedoch keinen Abbruch tat.
Neben dem offiziellen Festival fand eine Alternativ- Veranstaltung mit den Gruppen Hawkwind und Pink Fairies stett, die heute weitgehend in Vergessenheit geraten ist.
Für die Veranstalter war "Isle of Wight ´70", ähnlich wie "Woodstock ´69", ein ausgemachter finanzieller Reinfall. Als in dieser Hinsicht nichts mehr zu retten war, wurden am letzten Veranstaltungstag die Kassen geschlossen (ein reguläres Ticket hatte drei britische Pfund gekostet) und generell freier Eintritt gewährt, da viele Trennzäune und Absperrungen bereits in den Vortagen von "Zahlungsunwilligen" zerstört worden waren.
www.youtube.com/watch?v=YMS47w8hAZ8
www.youtube.com/watch?v=QpLO96_9Qwc
www.youtube.com/watch?v=51SAvWieaNc
www.youtube.com/watch?v=vRuMgs4b1qk
www.youtube.com/watch?v=XE3Kc6nW_nE