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    Dienstag, 10. September 2024, 16:18

    The American Corner - Robert Justus Kleberg, deutsch- texanischer Nationalheld

    Bekannt ist er in Texas heute immer noch als der "Held von San Jacinto" und durch die Tatsache, daß der Kleberg County seit 1913 nach ihm benannt wurde. Auch die ehemalige Stadt Kleberg, die heute ein Ortsteil von Dallas ist, wurde nach ihm benannt.
    Geboren wurde er am 10. September 1803 in der Nähe von Beverungen im Kreis Höxter, Ostwestfalen. Zwar erhielten die Kinder der Kaufmannsfamilie eine für damalige Zeiten ausgesprochen gute Schulbildung auf dem Gymnasium in Holzminden, doch starb das Oberhaupt der Familie bald, so daß die Kinder weitgehend auf sich gestellt waren.
    Dennoch studierte Robert Justus Kleberg Jura an der Universität Göttingen Jura und stand im Jahre 1834 eigentlich am Beginn einer hervorragenden juristischen Berufslaufbahn. Er ließ sich jedoch von der Familie seiner Verlobten dazu überreden, mit dieser in die Neue Welt auszuwandern und sich in Texas anzusiedeln. Der spätere US- Bundesstaat war damals noch ausgesprochen dünn besiedelt und galt damals für viele Auswanderungswillige als "das gelobte Land", nicht zuletzt durch den weit verbreiteten Brief des Emigranten Friedrich Ernst, in dem das Land in leuchtenden Farben geschildert wurde.
    Nach einigen vorausgegangenen Sondierungen machte sich die Familie schließlich am 30. September 1834 an Bord der "Congress" auf die strapaziöse Überfahrt nach Texas. Neben den Familien Kleberg und von Roeder waren auch eine Reihe von Auswanderern aus dem damaligen Großherzogtum Oldenburg an Bord. Im Frühjahr 1835 gelang der Gruppe schließlich die Ankunft im Austin County, wo die Niederlassung "Catspring" gegründet werden sollte. Der Bau der Siedlung gestaltete sich alles andere als einfach, da die Gruppe vorwiegend aus Akademikern und "Lateinern" bestand, die handwerklich eher ungeübt waren.
    Bald darauf kämpfte Kleberg in den Jahren 1835/36 als Soldat im texanischen Unabhängigkeitskrieg, unter anderem in den Schlachten von Alamo (März 1836) und San Jacinto (April 1836) und diente nach Abschluß der Kampfhandlungen sechs Monate lang in der texanischen Armee. Zum Dank für seine Verdienste erhielt er im Oktober 1845 ca. 1.800 Hektar Land im Dallas County zugewiesen, auf dem ab 1850 die Ortschaft Kleberg entstand, und wurde von Präsident Sam Houston bereits 1837 zum "Associate Comissioner" von Texas und später sogar zum Vorsitzenden dieses Gremiums ernannt. Im Jahre 1841 wurde er Friedensrichter, fünf Jahre darauf Oberrichter des Austin County.
    Im Jahre 1847 zog die kinderreiche Familie Kleberg gemeinsam mit den von Roeders in den DeWitt County, der damals noch weitegehend unbesiedelt war, und wurde 1848 Commissioner und im Jahre 1853 Oberrichter dieses Countys. Kleberg war in den darauffolgenden Jahren ein überzeugter Anhänger der Demokraten und unterstützte ab 1861 die Sache der Konföderierten Staaten. Nach Kriegsausbruch bildete er sogar eine eigene Kampftruppe, wurde aber angeblich aufgrund seines vorgerückten Alters nicht in den offiziellen Kader der konföderierten Streitkräfte übernommen. Bis zu seinem Tod im Jahre 1888 war Kleberg überzeugtes Mitglied des texanischen Veteranen- Vereins. Sein Grabstein nahe der Farm seiner Tochter, wo er begraben wurde, hat die Form eines Soldatenzeltes und trägt die Aufschrift "Remember the Alamo". Dort wurde im Jahre 1936 ebenfalls ein entsprechendes Denkmal errichtet.
    Interessante Literatur zum Thema: Gilbert Giddings Benjamin. The Germans in Texas, a Study in Immigration (nach den Notizen und Erinnerungen des Robert Kleberg von 1876).

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    Mittwoch, 11. September 2024, 15:51

    The American Corner - Joseph Seligman, ein deutscher Jude in Amerika

    In den USA wurde er insbesondere in der Zeit des "Gilded Age" als Bankier und Finanzier von neuen Eisenbahnlinien bekannt. Darüber hinaus erlangte die "Seligman- Hilton" Affäre aus dem Jahre 1877 einen überregionalen Bekanntheitsgrad, der als erster größerer Vorfall von Antisemitismus in den USA galt und bewies, daß auch dieses Land nicht davor gefeit war. Dazu aber weiter unten mehr.
    Geboren wurde er am 22. November 1819 in Baiersdorf/ Königreich Bayern und arbeitete bereits als Kind im Kurzwarengeschäft seiner Mutter. Darüber hinaus interessierte er sich bereits früh für Gelddinge und verdiente seine ersten Gulden, indem er im Laden seiner Mutter eine Wechselstube für Durchreisende betrieb, da es zu dieser Zeit in den Staaten des Deutschen Bundes noch keine einheitliche Währung gab. Vorgesehen war, daß Joseph Seligman dem Wollgeschäft der Familie beitrat, jedoch hatte dieser weitergehende Pläne und wanderte bereits im Alter von siebzehn Jahren vom Auswanderungshafen Bremerhaven per Dampfschiff in die Neue Welt aus.
    In den USA ließ er sich zunächst in Pennsylvania nieder, wo er als Kassierer begann. Von seinen Ersparnissen begann Seligman in den ländlichen Regionen Pennsylvanias, die stark von deutschstämmigen Einwanderern bevölkert waren, Hausierergeschäfte mit Schmuck, Messern und anderen Kleinwaren. Nachdem er auf diese Art beachtliche fünfhundert Dollar erspart hatte, ließ er seine Brüder William und James nachkommen, die wie er als Hausierer arbeiteten. Im Jahre 1846 gründete das Brüdertrio in New York eine Importfirma, die sich bald zu einer der führenden Investmentbanken des Landes entwickelte. Die Seligman- Brüder finanzierten ganz oder teilweise eine Reihe von Eisenbahnlinien wie die Missouri- Pacific, die Atlantic & Pacific Railroad, die South Pacific Coast Railroad und die Missouri- Kansas- Texas Railroad. Auch die neuerrichtete New Yorker Hochbahn wurde von ihnen mitfinanziert.
    Während des Amerikanischen Bürgerkriegs unterstützte Seligman die Nordstaaten durch die Emission von Kriegsanleihen im Wert von zweihundert Millionen Dollar. Ein Vorgang, der damals von Botschafter Willam Dodd als "kaum weniger wichtig als die Schlacht von Gettysburg" angesehen wurde. Spätere Historiker haben Seligmans Rolle als Kriegsfinanzierer durch die Ausgabe von Anleihen wieder etwas relativiert. So habe Seligman die Kriegsanleihen der Unionsregierung notgedrungen als Bezahlung für seine Uniformlieferungen akzeptieren müssen. Auch hätten der verdächtig hohe Zinssatz ("Yield") und einige militärische Niederlagen der Unionsarmee das Vertrauen in diese Anleihen eher gemindert und ihren Weiterverkauf erschwert. Immerhin bot nach dem Krieg Präsident Ulysses S. Grant Joseph Seligman den Posten des amerikanischen Finanzministers an, was dieser jedoch ablehnte. 1877 wurden dann Pläne zur Refinanzierung der aus dem Bürgerkrieg rührenden amerikanischen Staatsschulden erörtert und der Vorschlag Joseph Seligmans akzeptiert, der die erneute Ausgabe von Staatsanleihen vorsah, um die amerikanischen Goldreserven zu schonen.
    Im gleichen Jahr ereignete sich auch die "Seligman- Hilton Affäre", die landesweit aufgrund des mittlerweile hohen Bekanntheitsgrads des Bankiers hohe Wellen schlug. Was war geschehen ? 1877 verwehrte Richter Henry Hilton, seines Zeichens ebenfalls Leiter des "Grand Union"- Hotels in Saratoga, Joseph Seligman und seiner Familie den Zutritt, weil sie Juden waren, was zu einer landesweiten Kotroverse führte. Es handelte sich dabei um den ersten "prominenten" Vorfall von Antisemitismus in den Vereinigten Staaten, der in der amerikanischen Öffentlichkeit bekannt wurde. Dahinter steckten jedoch nicht nur Animositäten gegenüber Juden, sondern auch politische Rankünen, da Henry Hilton über Stimmenkäufe bei Einwanderern das politische Geschehen in New York nach Belieben kontrollieren konnte, was Seligman mißfiel. Saratoga war zu dieser Zeit ein anerkannter Erholungsort für die New Yorker Oberschicht, und das "Grand Union" galt als das erste Haus am Platze. Hilton glaubte neben seiner politischen Abneigung gegen Seligman auch, daß der Rückgang der Geschäfte des Hotels mit der zunehmenden Anwesenheit von "Israeliten" zusammenhing, so daß der Übernachtungswunsch der Seligmans schließlich abgelehnt wurde. In jedem Fall erzeugte dieser Vorfall scharfe Kontroversen in der amerikanischen Öffentlichkeit, und die "New York Times" titelte in Großbuchstaben "A SENSATION AT SARATOGA". Schließlich wurde der Fall zum "Nationalen Ereignis", und sowohl Seligman als auch Hilton erhielten Morddrohungen. Letzterer antwortete in einer öffentlichen Stellungnahme: "Noch gestattet das Recht, daß man sein Eigentum nach freiem Gutdünken nutzt, und ich gedenke dieses gesegnete Privileg auszuüben, ungeachtet dessen, daß Moses und alle seine Nachfahren widersprechen". In der Folge wuchs tatsächlich der offene Antisemitismus in den Vereinigten Staaten, so folgten andere Hoteliers dem Beispiel Hiltons und schlossen Juden explizit aus, in dem sie Tafeln mit der Aufschrift "Hebrews need not apply" oder "Hebrews will knock vainly for admission" an ihren Rezeptionen anbrachten.
    Joseph Seligman starb ca. drei Jahre nach diesen Vorfällen am 25. April 1880 in New Orleans, Louisiana und hinterließ die Bank Seligman & Co. mit Niederlassungen in New York, San Francisco, New Orleans, London, Paris und Frankfurt/ Main.

    www.youtube.com/watch?v=uGkq4_BIqxw
    www.youtube.com/watch?v=j2YwWLRvZ3k

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    Donnerstag, 12. September 2024, 16:03

    The American Corner - Karl Ferdinand Weimer (Charles Wimar), Maler der indigenen Völker Nordamerikas

    Geboren wurde Karl Ferdinand Weimer am 28. November am 20. Februar 1828 im rheinischen Siegburg, südlich von Köln. Im Jahre 1843 wanderte die Familie in die Vereinigten Staaten aus und ließ sich in St. Louis/ Missouri nieder, damals eine Stadt an der amerikanischen "Frontier" und ein Zentrum des Pelzhandels.
    Nach einer Ausbildung bei einem Haus- und Schiffsanstreicher studierte Weimer in den Jahren 1846 bis 1850 unter Anleitung von Leon Pomarede Malerei und eröffnete 1850 sein eigenes Atelier in St. Louis.
    Eine Erbschaft eröffnete es ihm im Jahre 1852, wieder nach Deutschland zurück zu gehen und an der Düsseldorfer Akademie Kunst zu studieren. Darüber hinaus erhielt er Privatunterricht von Joseph Fay und Emanuel Leutze, Letzterer war wie Weimer selbst Deutschamerikaner. Allein in Düsseldorf fertigte Weimer dreiundzwanzig Gemälde an, darunter viele Darstellungen von Konflikten amerikanischer Siedler mit Indianern, die aufgrund ihrer neuartigen Thematik mit großem Erfolg in Elberfeld (heute Wuppertal- Elberfeld), Köln, Hannover und St. Louis ausgestellt wurden.
    Um die Native Americans möglichst originalgetreu wiedergeben zu können, ließ sich Weimer deren Trachten und weitere Utensilien wie Kalumets oder Tomahawks aus Missouri schicken. Im Jahre 1853 schuf er die erste Fassung des Gemäldes "Die Entführung von Daniel Boones Tochter durch Indianer", in dem er ein historisches Ereignis aus dem Jahre 1776 verarbeitete. 1855 schuf er eine zweite Fassung dieses Gemäldes.
    Bereits im September 1854 bezog Weimer ein Atelier im Haus von Oswald Achenbach, in dem auch Künstler wie Henry Lewis, Joseph Fay und Emanuel Leutze arbeiteteten. Als Mitglied des "Künstlervereins Malkasten" war er in das gesellschaftliche Leben der Maler der "Düsseldorfer Schule" eingebunden.
    Im Jahre 1856 kehrte der Maler wieder in die Vereinigten Staaten zurück und unternahm in den Jahren 1858 und 1859 zwei Expeditionen entlang des Missouri River, des Mississippi und des Yellowstone River, wo er die Besiedlung des amerikanischen Westens und dessen Ureinwohner in Bildern dokumentierte. Anfang der 1860er Jahre erhielt er aufgrund seiner überragenden künstlerischen Fähigkeiten den Auftrag, Wandgemälde für die Rotunde des Gerichtsgebäudes von St. Louis zu schaffen. Weimer konnte diese Auftragsarbeit noch vollenden, starb aber kurz darauf im Alter von nur vierunddreißig Jahren an der damals noch weit verbreiteten Tuberkulose.
    Seine Werke sind heute unter Kennern amerikaweit bekannt und gelten als wichtige Exponate des City Art Museums von St. Louis. Hohe Bedeutung hat sein Oeuvre insbesondere wegen des ethnographischen Interesses an den indigenen Vökern Nordamerikas. Aus diesem Grund gilt Weimer, der in den USA als Charles oder Carl Wimar bekannt ist, als Vorläufer von Künstlern wie Frederic Remington und Charles Schreyvogel, die Leben und Landschaften des Wilden Westens ebenfalls in den Mittelpunkt ihrer Malerei stellten.

    www.youtube.com/watch?v=oI81Klo26xA

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    Freitag, 13. September 2024, 16:13

    The American Corner - Heinrich Rattermann, Versicherungsunternehmer, Autor und bekennender Deutschamerikaner

    Geboren wurde er am 14. Oktober 1832 in Ankum (Landkreis Osnabrück). Bereits 1845 wanderte Rattermann mit seinen Eltern in die Vereinigten Staaten aus und landete in Cincinnati/ Ohio, damals ein Sammelbecken deutscher Einwanderer. Als er nach dem frühen Tod seines Vaters für seine Mutter und deren Töchter sorgen mußte, gründete er im Jahre 1858 an der Vine Street im Deutschenviertel "Over-the-Rhine" die "Deutsche Gegenseitige Versicherungsgesellschaft". Das sehr repräsentative Firmengebäude aus späteren Jahren wurde im Jahre 1877 erbaut und existiert noch heute, während die Versicherungsgesellschaft mit dem Eintritt der USA in den Ersten Weltkrieg im Jahre 1917 in "Hamilton Mutual Insurance" umbenannt wurde und unter diesem Namen ebenfalls noch heute existiert.
    Rattermann erwies sich als fleißiger Autodidakt und entwickelte sich zu einem einflußreichen Bürger von Cincinnati, schrieb 44 Bücher, unzählige Artikel und sogar einige Opern (!). Im Jahre 1869 gründete er die Zeitschrift "Der Deutsche Pionier", eine Monatsschrift über Einwanderungsthemen mit Biographien bedeutender Deutschamerikaner und blieb bis ins Jahr 1887 deren Herausgeber. Diese Zeitschrift ist insofern von Bedeutung für die Einwanderungsgeschichte der USA, da sie noch heute bei vielen Historikern und Genealogen als wichtiges Nachschlagewerk über die Geschichte der deutschen Einwanderung in die USA sowie über die deutsche Kulturgeschichte in Amerika gilt. Rattermann galt in seiner Zeit als der herausragendste deutschamerikanische Autor und war dadurch im späten 19. Jahrhundert in ganz Amerika bekannt.
    Im Jahre 1895 organisierte Rattermann in Cincinnati den ersten "Tag der Deutschen" (German Day), an dem spontan zwölftausend Menschen teilnahmen. Einen Teil des kulturellen Programms gestaltete das erst kurz zuvor gegründete "Cincinnati Symphonie Orchestra", und dieser besondere Tag schloß mit einem großen Feuerwerk. Die Konsequenz aus dieser Großveranstaltung war die Gründung der "German Day Society", die derartige Feiern einmal jährlich veranstalten sollte. Aus politischen Gründen wurde der Name dieser Gesellschaft später in "German- American Alliance" und letztendlich in "German- American Citizens League" geändert. Heute bildet diese Vereinigung den Dachverband für ca. zwanzig deutschamerikanische Organisationen im Großraum Cincinnati mit rund 25.000 Mitgliedern und koordiniert, repräsentiert und fördert die Interessen der Deutschamerikaner und deren Kultur. Die Liga ist der jährliche Veranstalter des "Deutschen Tages" im Juni und unterstützt jährlich im Oktober den "German- American Heritage Month".
    Heinrich Rattermann war für einen Angehörigen seiner Generation ein überdurchschnittlich langes Leben beschieden. Er starb am 5. Januar 1923 in seiner Wahlheimat Cincinnati, Ohio. Wie viele andere amerikanische Großstädte auch, blühte Cincinatti insbesondere ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch Industrie und Handel auf und erreichte bis in die frühen 1950er Jahre eine Einwohnerzahl von über fünfhunderttausend, während die Stadt ab den 1960er Jahren einen industriellen und demographischen Niedergang erlebte und heute nur noch über etwas mehr als dreihundertausend Einwohner verfügt. Auch die ethnische Struktur veränderte sich gravierend. Im frühen 20. Jahrhundert hatte Cincinnati einen deutschen Einwohneranteil von über sechzig Prozent, während heute knapp die Hälfte der Bevölkerung der Stadt aus Schwarzen besteht und das ehemalige Deutschenviertel "Over the Rhine" zwischen 2005 und 2007 von der Presse als "America´s most dangerous neighborhood" bezeichnet wurde. Seitdem wurden erhebliche Mittel in Revitalisierungsprojekte investiert, und "Over-the-Rhine" gilt heute wieder als nachgefragtes Wohnviertel in Cincinnati.

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    Samstag, 14. September 2024, 16:27

    The American Corner - Levi Strauss, ein Leben für die Jeans

    Die Geschichte der aus dem Frankenland stammenden Familie Strauss läßt sich bis zu Levi´s Großvater Jacob Strauss zurückverfolgen. Dieser war Viehhändler und lebte in Buttenheim bei Bamberg.
    Hirsch Strauss, Levi´s Vater, wurde 1780 in Buttenheim geboren und hatte mit seiner Frau Madel gemeinsam fünf Kinder. Da seine Frau bereits in jungen Jahren starb, heiratete Hirsch Strauss erneut; seine zweite Frau Rebecca, geborene Seeligmann- Hass, schenkte ihm zwei weitere Kinder, darunter auch Sohn Löb (später Levi), der am 26.Februar 1829 geboren wurde.
    Vater Hirsch betrieb in diesem Zeitrahmen einen Hausiererhandel mit Tuch- und Kurzwaren, der für die umfangreiche Familie nur das Nötigste einbrachte. Familie Strauss gehörte damals der recht umfangreichen Landjudengemeinde von Buttenheim an, deren Ursprünge bis etwa 1450 zurückreichen. Im Jahre 1846 starb Hirsch Strauss an der damals weitverbreiteten Tuberkulose und wenig später auch Löb´s Onkel, wodurch die Familie in erhebliche wirtschaftliche Schierigkeiten geriet und den einzigen Ausweg in der Auswanderung nach Amerika sah, wo sich bereits einige Jahre zuvor die beiden ältesten Söhne von Hirsch Strauss niedergelassen hatten.
    Im Winter 1846/47 beantragte Rebecca Strauss für sich und ihre Kinder die Ausreisegenehmigung bei der bayerischen Landesregierung, im Juni 1847 wurden daraufhin die Reisepässe ausgestellt, und die Überfahrt in die Neue Welt konnte beginnen. Zu dieser Zeit war Levi Strauss achtzehn Jahre alt. Seine Brüder Jonathan und Lipmann, die sich inzwischen in Jonas und Louis umbenannt hatten, betrieben zu dieser Zeit wie ihr verstorbener Vater einen Handel für Tuch- und Kurzwaren, an dem sich auch Levi beteiligte. Im Januar 1851 beantragte er die amerikanische Staatsbürgerschaft, die er zwei Jahre darauf auch erhielt.
    Als die Nachricht von Goldfunden in Kalifornien die amerikanische Ostküste erreichte, lockte es auch Levi dorthin. Er erreichte im März 1853 San Francisco und eröffnete dort wie sein Vater und seine Brüder einen Handel für Stoffe und Kurzwaren, wobei er Bruder Louis und Schwager Stern zu Geschäftspartnern erkor. Das Unternehmen florierte, und bald war in den Stadtregistern der Eintrag "Levi Strauss & Co. Importeur, Makler, Bekleidung und Kurzwaren" zu finden. Levi Strauss fand schnell heraus, daß die Goldgräber für ihre harte Arbeit strapazierfähige Hosen benötigten, und so produzierte er eine erste Serie aus Zeltstoff, die noch braun gefärbt wurde, hüfthoch war und von Hosenträgern gehalten wurde. Jedoch konnte auch dieses Modell den täglichen Anforderungen des Goldschürfens nicht standhalten, und Jacob Davis fand schließlich die Lösung des Problems. Dieser schrieb im Juli 1872 einen Brief an Levi und stellte ihm darin ein neues Hosenmodell vor, daß an den besonders stark belasteten Stellen mit Metallnieten versehen war. Da Davis die nötigen finanziellen Mittel zur Fertigung einer Serie fehlten, schlug er Levi eine gemeinsame Finanzierung des Patentes vor. Levi willigte ein, und die beiden Geschäftspartner erhielten im Mai 1873 das Patent für die erste Hose mit Nieten. Dies war zugleich die Geburtsstunde der Jeans, die zu dieser Zeit noch "waist overalls" genannt wurde. Die Nachfrage nach diesem neuartigen Produkt gestaltete sich überwältigend, und so kam Jacob Davis nach San Francisco, um dort die Leitung der Hosenfertigung zu übernehmen. Beflügelt durch den großen Erfolg, eröffneten Levi Strauss & Co. zwei neue Fabriken in San Francisco, die von Jacob Davis geleitet wurden, da Levi Strauss sein ursprüngliches Handelshaus weiterführen wollte.
    Gegen Ende des 19. Jahrhunderts zog sich Levi Strauss aus dem Geschäftsleben zurück und überließ seinen Neffen die Firma. Seine Interessen galten nicht ausschließlich Stoffen und Kurzwaren, so war er auch Gründungsmitglied und Schatzmeister der Handelskammer von San Francisco sowie Direktor der Nevada Bank.
    Am 26. September 1902 starb Levi Strauss in seinem Privathaus in San Francisco. Sein Tod sorgte für Schlagzeilen, wurde sein Vermögen zum damaligen Zeitpunkt doch auf sagenhafte sechs Milliarden Dollar geschätzt. Während seines Begräbnisses waren zahlreiche Geschäfte in San Francisco geschlossen, da deren Inhaber an der Trauerfeier teilnahmen.
    Die klassische Jeans wurde auch nach dem Tod von Levi Strauss weiter zum Erfolgsmodell. Im Zweiten Weltkrieg erhielt die Nietenhose den Status eines kriegswichtigen Produktes, und jeder GI wurde damit ausgestattet. Nach dem Zweiten Weltkrieg eröffneten Produktionsstätten von Levi Strauss & Co. in ganz Amerika und wurden damit zum weltweit größten Hosen- Konzern. Bei uns in Europa begann der Siegesszug der Jeans dagegen erst in den Nachkriegsjahrzehnten, so daß im Jahre 1960 die erste europäische Levi Strauss- Niederlassung in Brüssel ihre Pforten öffnete.

    www.youtube.com/watch?v=Sxli7ncBuss

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    Sonntag, 15. September 2024, 17:07

    The American Corner - Marcus Goldman, Schöpfer eines Finanzimperiums

    Im Dezember 2016 betitelte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" einen ihrer Artikel mit "Goldman Sachs regiert die Welt", nachdem Präsident Donald Trump mehrere ehemalige oder noch aktive Mitarbeiter der führenden Investmentbank der Wall Street entweder zu Ministern gemacht oder in seinen engsten Beraterkreis aufgenommen Hatte. Mit diesem Schachzug hatten Trumps "Goldmänner" eine Reihe von zentralen Schaltstellen der Macht in Washington übernommen, so Hardliner Stephen Bannon, Trumps Chefberater, oder Finanzminister Steven Mnuchin, der mehr als siebzehn Jahre im Dienst der Bank stand.
    Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie alles vor rund hundertfünfzig Jahren begann, als ein weitgehend mittelloser deutscher Emigrant jüdischen Glaubens in New York die Gunst der Stunde nutzte und ins Finanzgeschäft einstieg.
    Mark Goldmann kam im Jahre 1821 im oberfränkischen Trappstadt als Sohn eines jüdischen Viehhändlers zur Welt. Bereits in jungen Jahren lernte er auf den regionalen Viehmärkten, wie man erfolgreich um die besten Preise feilschte. Beim Englischunterricht in der Synagoge von Würzburg freundete er sich mit dem jungen Joseph Sachs an, dem Sohn eines armen Sattlers.
    In dieser Zeit des zunehmenden "Pauperismus" verließen über eine halbe Million Deutsche ihre Heimat, von denen die meisten ihr Glück in Amerika suchten. Hauptursachen dieser kleinen Völkerwanderung waren die hohe Arbeitslosigkeit, nicht zuletzt hervorgerufen durch eine regelrechte Bevölkerungsexplosion in vielen Staaten des Deutschen Bundes in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Hinzu kamen Mißernten, die zu steigenden Preisen und Hungersnöten führten, die Angst vor militärischen Zwangsrekrutierungen, aber auch die Folgen der gescheiterten Revolution von 1848.
    So entschied sich damals Vater Goldmann, Mark und seinen jüngeren Bruder Simon nach Amerika zu entsenden, in der Hoffnung, daß sie sich dort ein besseres Leben aufbauen würden. Im Jahre 1848 verließen die beiden Brüder Trappstadt, im Gepäck beachtliche 150 Gulden und den Kuchen ihrer Mutter.
    Die Überfahrt gestaltete sich zeitgenössisch schwierig. Die beiden Brüder reisten im stickigen Zwischendeck, das eigentlich in erster Linie für Fracht vorgesehen war. Die Verpflegung war äußerst karg, Kinder starben an Krankheiten, doch nach bereits zwei Wochen dockte der Dampfer bereits in Philadelphia an, während die Fahrt mit einem Segelschiff bis zu sieben Wochen in Anspruch genommen hätte. Simon reiste im Anschluß gleich weiter Richtung Kalifornien, um dem kalifornischen Goldrausch beizuwohnen, während Mark in Philadelphia blieb, wo er zufällig seinen alten Freund Joseph Sachs wiedertraf. Goldmann war jetzt siebenundzwanzig Jahre alt und arbeitete in den ersten drei Jahren als Hausierer. Im Anschluß zog er erst zu Fuß, später mit Pferd und Wagen durch die Straßen von Philadelphia und verkaufte Haushaltsartikel. Er arbeitete oft bis zu vierzehn Stunden am Tag, heiratete eine achtzehnjährige deutsche Auswanderin und mietete sich mit ihr in einer Zweizimmerwohnung ein. Immer mehr Deutsche zog es jetzt in diese Stadt, und Goldmann erkannte, daß all diese Menschen günstige Kleidung brauchten. Seine Frau Bertha, eine gelernte Näherin, kaufte für fünf Dollar eine Nähmaschine, und das Ehepaar Goldmann eröffnete ein Bekleidungsgeschäft. In diesem Zeitraum anglifizierte er auch seinen Vornamen auf Marcus und ließ beim Nachnamen ein "N" entfallen.
    Im Jahre 1869 verkaufte Goldman sein Geschäft und zog nach New York, da sich nach dem Bürgerkrieg das Wirtschaftswachstum in Philadelphia abschwächte und stattdessen New York zur neuen Boomtown wurde. Warum sich Goldman in diesem Zeitraum auch als Banker versuchte, ist nicht mehr ganz nachzuvollziehen. Aber der Zeitpunkt war perfekt, um in New York City eine Karriere in der Finanzwirtschaft zu beginnen. Ein ständiger Zustrom von Auswanderern führte zu einer ständig wachsenden Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen, das Fehlen von Industriestandards sorgte für einen leichten Marktzugang, und die Stadt verfügte darüber hinaus bereits über eine erfolgreiche jüdisch- deutsche Banker- Community. Viele der prominentesten Banker jener Jahre, z.B. die Seligmans oder die Lehmans, hatten ähnlich wie Goldman als Hausierer begonnen, bevor sie ins Investmentbanking einstiegen.
    Goldman mietete im Jahre 1869 zunächst in Manhattan einen kleinen Raum mit der Aufschrift "Marcus Goldman, Banker & Broker", heuerte einen alten Buchhalter an und begab sich jeden Morgen im Gehrock und Zylinder in sein Büro. Auch besuchte er die vielen, meist jüdischen Leder-, Tabak- und Diamantenhändler in Manhattan und hielt nach möglichen Kunden Ausschau, denen er ihre Schuldscheine abkaufen konnte. Diese verkaufte er meist noch am gleichen Tag gegen die bescheidene Kommission von einem halben Prozent an die großen Geschäftsbanken weiter. Damit war er einer der Pioniere des Geschäfts mit Wertpapieren, die später den Sammelnamen "Commercial Papers" erhielten.
    Sein Geschäft lief blendend. Bereits nach einem Jahr hatte er Papiere für fünf Millionen Dollar verkauft, und Mitte der 1880er Jahre verfügte sein Unternehmen bereits über ein Kapital von einhunderttausend Dollar. Die Goldmans blieben in diesem Zeitraum stets eng mit der Familie von Joseph Sachs befreundet, so daß es auch zu Mischheiraten kam. An seinem sechzigsten Geburtstag nahm Marcus Goldman seinen Schwiegersohn Samuel Sachs ins Geschäft auf, und die Firma "Goldman Sachs" war geboren.
    Im Jahre 1900 zog sich Marcus Goldman aus dem Geschäft zurück, nachdem er es noch erlebt hatte, daß Goldman Sachs Mitglied der New Yorker Börse wurde. Dies geschah bereits 1896, und das Unternehmen verfügte zu diesem Zeitpunkt über ein Kapital von mehr als fünfhunderttausend Dollar. Die Bank ging nun dazu über, neues Beteiligungskapital für Unternehmen zu erschließen, und da ihr Kundenstamm immer größer wurde, eröffnete sie Niederlassungen in Chicago, Boston, Philadelphia und St. Louis. 1897 nahm sie Geschäftsbeziehungen zu den großen europäischen Hauptstädten auf und erweiterte ihr Produkt- und Dienstleistungsangebot um Devisen, Akkreditive, den Handel mit Gold sowie Arbitragegeschäfte.
    Im Jahre 1904 starb der Patriarch im Alter von 83 Jahren in seinem Sommerwohnsitz an der Küste von New Jersey als reicher Mann. Im Oktober 2016 setzte ihm die Investmentbank eine Art spätes Denkmal, als sie ihre neue Online- Kreditplattform "Marcus" taufte. Zum ersten Mal seit ihrer Gründung öffnete sich das Geldhaus, das lange Zeit nur Unternehmenskunden und Superreiche als Kunden akzeptierte, nun auch für Normalverdiener.

    www.youtube.com/watch?v=wonEywOwpEo
    www.youtube.com/watch?v=qoCT-h18-ls

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    Montag, 16. September 2024, 16:11

    The American Corner - Friedrich Hecker, ein badischer Revoluzzer in Amerika

    Als Friedrich Hecker im September 1848 in Le Havre den Dampfer "Herrmann" bestieg, um in die Vereinigten Staaten zu emigrieren, waren all seine Hoffnungen dahin. Der wegen Hochverrats in Deutschland gesuchte Aufständische der "Badischen Revolution von 1848" schrieb in diesen Tagen an seine Mitkämpferin Emma Herwegh: "Es sieht düster aus, die Freiheit verhüllt ihr Haupt, und mich zieht es heimwärts, nach der Heimat, wohin ich mich seit vierzehn Jahren sehne, nach dem Westen Amerikas".
    Die Stimmung des badischen Freischarführers entsprach weitgehend der Realität. Nach den Frühjahrsaufständen von 1848 eröffnete die badische Justiz mehr als dreitausendfünfhundert Hochverratsprozesse, hunderte Teilnehmer landeten in Gefängnissen, und der Staat zog die Vermögen, soweit vorhanden, der Inhaftierten ein. In zahlreichen Städten und Dörfern herrschte der Belagerungszustand, und rund dreißigtausend hessische, bayerische und württembergische Soldaten wachten über die politische Ruhe im Land.
    Doch während der geschlagene und seinen Verfolgern knapp entkommene Führer des nach ihm benannten "Heckerzugs" den Blick voraus auf sein Leben in den Vereinigten Staaten richtete, wurde er in den Staaten des Deutschen Bundes zum bekanntesten "Helden der Revolution". Schon verkauften Hutmacher "Hecker- Hüte", Nachbildungen seines grauen Schlapphuts, und auch auf Tabakspfeifen, Bierseideln und Broschen wurde sein Konterfei abgebildet. Während Adel und die Bürokratie ihn verdammten, verklärten Teile des Volkes sein Andenken, und Bänkelsänger besangen das Schicksal des "badischen Che Guevara des 19. Jahrhunderts". Die Obrigkeit reagierte mit Strafandrohungen auf das Tragen der "Hecker- Hüte" und das Singen dieser Lieder, was jedoch nichts daran änderte, daß der "Hecker- Mythos" geboren war.
    Dabei hatte das politische Leben des jungen Friedrich Hecker, der im September 1811 im badischen Eichtersheim geboren wurde, weitgehend unspektakulär in den Hörsälen der Juristischen Fakultät der Universität Heidelberg begonnen, wo er zum Wintersemester 1830/31 sein Jurastudium aufgenommen hatte. Bereits früh erwachte sein Interesse an der amerikanischen Demokratie, und auch die Entwicklungen im nahen Frankreich verfolgte er aufmerksam. Nach seiner Promotion reiste er im Herbst 1836 nach Paris und besuchte dort die öffentlichen Gerichtsverhandlungen. Zwei Jahre später wurde Hecker, fast zeitgleich mit seinem späteren Kampfgenossen Gustav von Struve, als Advokat am Großherzoglichen Oberhofgericht in Mannheim zugelassen. Im Jahre 1839 heiratete er Marie Josefine Eisenhardt, die Tochter einer wohlhabenden Mannheimer Kaufmannsfamilie, die ihm drei Söhne schenkte, deren Nachkommen noch heute in den USA leben.
    Bald kam für Hecker zum Gerichtssaal der Ratssal hinzu, denn 1842 wurde er in den Mannheimer Gemeinrat gewählt. Im gleichen Jahr errang er ein Mandat für die zweite badische Kammer, den Landtag. Allerdings erkannten alte Parlamentarier rasch, daß hier zwar jemand mit großem politischen Talent, aber nur geringer Fähigkeit zu politischen Kompromissen angetreten war. Hecker scheute kein Duell, weder im Plenarsaal noch in Form eines Duells vor den Toren der Stadt. Der Abgeordnete Hecker vertrat im badischen Landtag meist die liberalen Forderungen jener Jahre. Es ging um mehr Meinungsfreiheit, das allgemeine Männerwahlrecht, Vereinigungs- und Pressefreiheit und die Errichtung einer Milizarmee bei gleichzeitiger Abschaffung des Berufsmilitärs. Zu dieser Zeit stand Hecker noch ganz auf dem Boden der gesetzlichen Grundlagen und galt als "konstitutioneller Liberaler", der an Reformen des immer noch weitgehend autokratisch regierten Großherzogtums Baden mitwirken wollte.
    Im September 1847 wurde angesichts des zunehmenden Pauperismus in Deutschland und den darunter besonders leidenden unteren Bevölkerungsschichten der Riß zwischen konstitutionellen Reformern und demokratischen Radikalen, die nach einer völligen Umwälzung der Herrschaftsverhältnisse riefen, immer tiefer. Als Hecker feststellte, daß selbst gemäßigte Liberale seine Reformbemühungen sabotierten, sah er keinen Sinn mehr in der Fortführung seiner parlamentarischen Arbeit und legte im März 1847 sein Mandat nieder. Stattdessen wiederholte er gemeinsam mit seinen Gefährten Gustav Struve und Lorenz Brentano auf Volksversammlungen und Freiheitsfesten seine Forderungen, ergänzt um sozialpolitische Töne wie Bildung für alle, die Abschaffung aller Privilegien und eine "Ausgleichung des Mißverhältnisses zwischen Kapital und Arbeit". Spätestens zu diesem Zeitpunkt galten Hecker und Struve der badischen Nomenklatura als potentielle Hochverräter.
    Am 5. März 1848 versammelten sich einundfünfzig Vertreter süddeutscher Staaten in Heidelberg, unter ihnen auch Hecker und Struve, und vereinbarten die Einberufung eines Vorparlaments mit dem Ziel, eine deutsche Nationalversammlung vorzubereiten. Doch das Projekt scheiterte , und diese Niederlage wurde zum Wendepunkt im politischen Kampf des damals 47- jährigen Hecker. Nach ergebnislosen Debatten im badischen Parlament fühlte sich Friedrich Hecker zunehmend bedroht, verließ Karlsruhe und reiste über das Elsaß an den Bodensee. Hier traf er in Konstanz auf Franz Sigel, der über fünfhundert Angehörige der Bürgerwehr ausbildete, und auch Gustav Struve und weitere Vertraute standen bereit. Nachts verfaßte Hecker einen Aufruf an das Volk, der mit dem Satz "Sieg oder Tod für die deutsche Republik !" endete, doch die Konstanzer verweigerten sich weitgehend einem Zug der Freischaren. Schließlich beteiligten sich doch rund fünfzig Konstanzer an der Aktion, und ergänzt von den Kolonnen von Sigel und Struve sollte der Marsch auf Karlsruhe beginnen, der das Ziel hatte, den badischen Großherzog aus dem Amt zu jagen und die "Badische Republik" auszurufen.
    Doch das militärisch- politische Unternehmen war zum Scheitern verurteilt. Es fehlte an allen Enden an strategischer Koordination und vor allem an Ausrüstung, und auch Hecker selbst ging eher zögerlich vor, da er wußte, wie stark die Einheiten der Bundestruppen waren. Jedoch war er fest davon überzeugt, daß die regulären Truppen nicht auf ihre deutschen Brüder schießen würden. Ein fataler Irrtum, stattdessen nahmen hessische und badische Einheiten die schlecht ausgerüsteten und im Schneeregen halb erfrorenen Revolutionäre am Scheideck- Paß in die Zange, und nach kurzem Gefecht flohen die Freischärler, darunter auch Friedrich Hecker, der zunächst im Kanton Basel unterschlüpfen konnte. Schließlich gewann nüchterner Realitätssinn die Oberhand, und Hecker entschied sich, in die Vereinigten Staaten auszuwandern. Tatsächlich kehrte er während des "Zweiten badischen Aufstands" noch einmal nach Deutschland zurück, doch als er Straßburg erreichte, hatten preußische Truppen die Revolution bereits endgültig niedergeschlagen, und er kehrte unverrichteter Dinge wieder um.
    In den dreiunddreißig Jahren seines Lebens als Bürger der Vereinigten Staaten wurde Friedrich Hecker zu einem der einflußreichsten deutschen Einwanderer aus der Generation der "Forty- Eighters". Er wandelte sich zum erfolgreichen Farmer, betätigte sich als Journalist in den damals noch zahlreichen deutschsprachigen Zeitungen und kämpfte als Offizier und Kommandeur einer eigenen Einheit im Amerikanischen Bürgerkrieg für die Sache der Union. Hecker war einer der wichtigen deutschen Protagonisten der neuen Republikanischen Partei, machte Wahlkampf für Abraham Lincoln und tourte als Vortragsreisender durch die USA. Dabei agitierte er, wie viele Liberale seiner Zeit, nachhaltig gegen die Einführung des Frauenwahlrechts. Zu Hause betrieb er mit seiner Frau Marie Josefine efolgreich Landbau und nahm als liebevoller Vater die schulische Ausbildung seiner drei Söhne selbst in die Hand.
    Nur einmal noch, im Jahre 1873, betrat Friedrich Hecker das Land seiner Vorfahren, als er während einer Rundreise von der mittlerweile reichsdeutschen Bevölkerung herzlich empfangen, von der nationalliberalen Presse jedoch wegen seiner ablehnenden Haltung zum deutschen Kaiserreich kritisiert wurde. Zwei Jahre vor seinem Tod schrieb er an den befreundeten "Forty- Eighter" und damaligen amerikanischen Innenminister Carl Schurz: "Drüben wäre ich bei meinem Unabhängigkeitssinne stets vor oder innerhalb der monarchischen "Safe- Keepings locale" gewesen, und zum Maulkorb war meine Schnauze zu ungestaltet".
    Friedrich Hecker starb am 24. März 1881 im Alter von neunundsechzig Jahren auf seiner Farm bei Summerfield, Illinois.

    www.youtube.com/watch?v=LhYRWcn1FWI
    www.youtube.com/watch?v=x4QF2Y_M2fE

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    Dienstag, 17. September 2024, 15:40

    The American Corner - Severin Roesen, der Stilleben- Maler Amerikas

    Sein Leben blieb stets etwas geheimnisumwittert, beruhte seine Auswanderung in die USA doch auf Betrugsvorwürfen, und auch sein Tod blieb bis heute ungeklärt.
    Geboren wurde Severin Roesen am 5. Februar 1816 in Boppard/ Rhein als Kind des Landvermessers Stephan Roesen und seiner Frau Margaretha Krebs. Nach seiner Schulzeit machte er eine Ausbildung zum Porzellan- und Emailmaler und spezialisierte sich dabei auf florale Stilleben im Stil niederländischer und deutscher Maler des 17. Jahrhunderts. Darüber hinaus betätigte er sich in Köln auch als Porzellanhändler.
    Im März 1847 heiratete Severin Roesen in Koblenz Sophia Jacobina Lambricht, die jedoch bald nach der Hochzeit verstarb, und stellte seine Arbeiten im gleichen Jahr im "Kölnischen Kunstverein" aus. Nachdem er eines betrügerischen Bankrotts bezichtigt worden war, entzog er sich seinen Gläubigern und einer steckbrieflichen Fahndung, indem er Ende 1847 über Dover in die Vereinigten Staaten auswanderte.
    Für einige Jahre lebte Roesen in New York City, wo er zwischen 1848 und 1852 erfolgreich elf Gemälde in der "American Art Union" ausstellte und in diesem Zeitrahmen zu einem der erfolgreichsten Stilleben- Künstler in den USA wurde. Im Oktober 1849 heiratete er die in Alzey geborene Wilhelmine Ludwig, die Roesen zwischen 1854 und 1857 zwei Kinder gebar. 1857 ließ Roesen seine Familie in New York zurück und ging nach Pennsylvania, wo er anfänglich in Philadelphia und anschließend in ländlichen deutsch- amerikanischen Milieus in Harrisburg und Huntington lebte, ehe er um 1863 nach Williamsport zog, wo er Stilleben- Malerei unterrichtete.
    Zu den Malern, die Roesen besonders beeinflußte, zählen u.a. der amerikanische Stilleben- Spezialist John F. Francis. Im Jahre 1858 stellte Roesen in der "Maryland Historical Society" in Baltimore und 1863 in der "Pennsylvania Academy of Fine Arts" aus. Im Jahre 1873 waren seine Arbeiten ebenfalls noch in der "Brooklyn Art Association" zu bewundern.
    Bis heute rätselhaft bleibt das Verschwinden Severin Roesens im Jahre 1872, der in diesem Jahr aus Williamsport abgereist war und seitdem unauffindbar war. Spekulationen gehen davon aus, daß er entweder einem Verbrechen zum Opfer fiel oder in den amerikanischen Westen abwanderte und dort seine Identität änderte.
    Der deutsch- amerikanische Stilleben- Künstler war trotz seiner herausragenden Arbeiten im 20. Jahrhundert bereits weitgehend in Vergessenheit geraten, als die First Lady Jacqueline Kennedy in den frühen 60er Jahren mit der Umgestaltung der Inneneinrichtung des Weißen Hauses ihr erstes größeres Projekt begann. Zu diesem Zweck gründete sie im Februar 1961 ein Gremium und ließ in den frisch renovierten Räumen auch Bilder von Severin Roesen aufhängen, worauf seine Werke einen erneuten großen Popularitätsschub erlangten.

    www.youtube.com/watch?v=Q7V3fXRUltg
    www.youtube.com/watch?v=ascDkqpUOxg

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    Mittwoch, 18. September 2024, 16:02

    The American Corner - Karl Pfizer, der schwäbische Gründer eines amerikanischen Pharmaimperiums

    In den letzten Jahren kam der amerikanische Konzern insbesondere durch die Einführung eines Covid- Impfstoffes in die Schlagzeilen. Tatsächlich hat Pfizer deutsch- schwäbische Wurzeln, denn ihr Firmengünder stammte aus Ludwigsburg.
    Karl Pfizer wurde am 22. März 1824 als fünftes Kind einer gutsituierten Familie aus Ludwigsburg geboren. Sein Vater war sowohl Konditormeister als auch Kolonialwarenhändler. Sohn Karl machte nach der Schulzeit eine kaufmännische Ausbildung zum Apotheker und erlernte darüber hinaus den Beruf eines Feinchemikers. Karl Pfizer hatte sich einen Teil des zu erwartenden Erbes vorab auszahlen lassen und zugleich einen Kredit über beachtliche fünftausend Gulden bei seinem Vater aufgenommen. Im Anschluß begab er sich mit seinem Vetter Karl Erhardt, einem gelernten Konditor, im Jahre 1848 auf eine sechswöchige Reise in die Vereinigten Staaten.
    In der damals noch selbständigen Gemeinde Williamsburg (heute Brooklyn, New York) kauften sich die beiden schwäbischen Gründer ein kleines Backsteingebäude und richteten in der vorwiegend von Deutschen bewohnten Gemeinde am East River ein Büro, einen Lagerraum und eine kleine Fabrik für die Produktion von feinchemischen Erzeugnissen ein. Zunächst produzierten sie die Chemikalie Santonin, ein Mittel gegen parasitäre Würmer, die im Gegensatz zu bisherigen Produkten nicht mehr unangenehm bitter, sondern süß schmeckte, da Erhardt als gelernter Konditor eine süße Umhüllung entwickelte, wodurch das Santonin aus dem Hause Pfizer zum Verkaufsschlager wurde.
    Das Unternehmerduo Pfizer/ Erhard hielt weiterhin einen engen Kontakt in seine schwäbische Heimat, und im Jahre 1856 heiratete Charles Erhard in Ludwigsburg eine Schwester von Charles Pfizer, und drei Jahre darauf heiratete Charles Pfizer ebenfalls in seiner schwäbischen Heimat Anna Hausch.
    Das ursprüngliche Gebäude erwies sich für die aufstrebende Firma bald als zu klein, sodaß die beiden Unternehmer im Jahre 1857 mitten im Zentrum von Manhattan ein neues Büro eröffneten. Bis 1860 stellte das immer noch kleine Unternehmen Borax und Borsäure her und erwies sich damit als der erste Produzent dieser wichtigen Chemikalie in den USA. Im Jahre 1863 wurden Pfizer und Erhard in die USA eingebürgert und hießen fortan "Charles". Durch Schutzzölle gegen Importe von Weinstein begünstigt, begannen die Unternehmer mit der umfangreichen Herstellung von "Cremor Tartari" (Weinsteinrahm), womit die Wunden der Unionssoldaten während des Amerikanischen Bürgerkriegs behandelt wurden. Rasch vergrößerten Pfizer und Erhardt die Produktpalette ihres aufstrebenden Unternehmens durch Kampher, Jod, Jodsalze, Borax, Weinstein, Seignettesalz, Äther, Chlorophorm und Quecksilberverbindungen. 1865 expandierte das Unternehmen auch räumlich und errichtete neben der Produktionsstätte in Williamsburg eine weitere Niederlassung in Manhattan.
    Im Jahre 1876 beschäftigte die Firma bereits 150 Arbeiter und vier Chemiker. 1890 wandelten die beiden umtriebigen Vettern ihr Unternehmen in die Aktiengesellschaft "Charles Pfizer & Co." um. Im Jahre 1891 verstarb Charles Erhardt, und Charles Pfizer zog sich im Jahre 1900 aus der Geschäftsleitung zurück und verstarb im Jahre 1906, wodurch die Leitung der Geschäfte von Charles Pfizer jun., Emile Pfizer und einen Sohn von Karl Erhardt übernommen wurden.
    Das Unternehmen, das für seine kompromißlosen Qualitätskontrollen bekannt geworden war, expandierte weiter, und in den 1930er Jahren wurde Pfizer zum Marktführer in der Fermentationstechnik. Dadurch war die Massenherstellung von Zitronensäure z.B. für Limonaden wie Coca Cola möglich geworden, so daß Pfizer zum weltgrößten Zitronensäure- und Vitaminpräparateproduzenten wurde. Im Jahre 1941 entwickelte die Forschungsabteilung der Firma ein Verfahren zur großtechnischen Fermentierung von Penicillin, das sich als wesentlich ergiebiger erwies als die bisherigen Produkte, und womit Pfizer ab 1944 die halbe Welt belieferte.
    In den 1950er Jahren suchte Pfizer einen Produktionsstandort in Deutschland, und Karlsruhe bekam den Zuschlag. In den späten 1990er Jahren geriet der Konzern dann erneut in die Schlagzeilen, als Pfizer mit "Sildenafil" ein Medikament gegen Herzinfarkte entwickeln wollte. Dessen Wirksamkeit konnte nicht stichhaltig bewiesen werden, stattdessen stellte sich heraus, daß das Mittel Erektionen erzeugte und unter dem Namen "Viagra" zu einem weltweiten Marktrenner wurde.
    Nach Unternehmensangeben beschäftigt Pfizer heute weltweit über 90.000 Mitarbeiter, davon 2.500 in Deutschland, und erzielte 2018 einen Umsatz von 53,8 Milliarden Dollar.

    www.youtube.com/watch?v=KCq-1RoiKkQ

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    Gestern, 15:44

    The American Corner - Heinrich Steinweg, der bekannteste Klavierbauer Amerikas

    Der spätere Gründer von "Steinway & Sons" wurde am 22. Februar 1797 in Wolfshagen/ Harz als Sohn eines Köhlermeisters und dessen Frau geboren. Im Alter von fünfzehn Jahren begann er eine Tischlerlehre und ging nach seinem Abschluß nach Goslar, wo er sich als Organist betätigte und sich als Instrumentenbauer ausbilden ließ. Ab 1814 beteiligte sich Steinweg am Befreiungskrieg gegen Napoleon in der "Schwarzen Schar" des Herzogs Friedrich Wilhelm von Braunschweig und verließ den Militärdienst erst im Jahre 1822.
    In Seesen erhielt er eine Sonderlizenz zum Aufbau eines Schreinerbetriebs und begann nebenberuflich mit dem Bau von Musikinstrumenten wie Gitarren, Zithern und Mandolinen, gefolgt von ersten Tafelklavieren und Flügeln. Sein erstes Tafelklavier schenkte er im Jahre 1825 seiner Frau Juliane zur Hochzeit, im Jahre 1836 entstand sein erster Flügel in einer ehemaligen Waschküche.
    Wegen der unbefriedigenden politischen und wirtschaftlichen Lage in den Staaten des Deutschen Bundes verkaufte Steinweg im Jahre 1850 seine Liegenschaft in Seesen und emigrierte mit seiner Frau und den Kindern über Hamburg in die Vereinigten Staaten nach New York City. Dort arbeiteten er und einige seiner Söhne zunächst in einigen New Yorker Klavierfabriken, um die amerikanischen Baumethoden für Tafelklaviere sowie die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen kennenzulernen. Im März 1853 machten sich Vater Heinrich und seine drei bereits erwachsenen Söhne selbständig, worauf der Name des Firmengründers anglifiziert wurde und die Firma fortan unter dem Namen "Steinway & Sons" auftrat. Nach dem überwältigenden geschäftlichen Erfolg des Start- Up- Unternehmens zog die Firma in eine neuerrichtete Fabrik an der heutigen 4th Avenue von New York. Zu dieser Zeit führte Sohn William die Firmenbücher, da Vater Heinrich Analphabet war und sich stattdessen in der Qualitätssicherung betätigte und altersbedingt zunehmend aus dem Tagesgeschäft zurückzog.
    Das Klaviergeschäft Steinway nahm einen enormen Aufschwug, nachdem es 1855 auf der New Yorker Industrieausstellung den ersten Preis für seine kreuzsaitigen Tafelklaviere erhalten hatte. Im Jahre 1856 wurde der erste Flügel gebaut, der bereits einen innovativen einteiligen Gußrahmen aufwies. In kurzer Abfolge entwickelten Vater Heinrich und Sohn Henry jr. die Flügel zu äußerst hochwertigen Produkten, überholten damit bald die Konkurrenz von Chickering & Sons in Boston und wurden zum Spitzenreiter der amerikanischen Klavierproduzenten.
    Im Jahre 1865 erlitt die aufstrebende Firma Steinway einen doppelten Schicksalsschlag, als innerhalb von zwanzig Tagen die technisch versierten Söhne Henry junior und Charles verstarben. 1866 errichtete das Unternehmen einen eigenen Konzertsaal mit Verkaufsflächen für ihre Klaviere an der 14th Avenue von New York, die "Steinway Hall", damals der größte Konzertsaal in der aufstrebenden Stadt. Äußerst erfolgreich nahm die Firma auch an den Ausstellungen von London (1862) und Paris (1867) teil, wo sie Preise gewann und größte Anerkennung erhielt. Sohn William begann ab 1870 mit dem Kauf von Grundstücken auf Long Island und verlegte im Anschluß dorthin den Klaviaturenbau.
    Heinrich Engelhard Steinweg starb am 7. Februar 1871 in New York City und wurde auf dem Greenwood Cemetery in der Familiengruft bestattet. Die Familienmitglieder der in den Vereinigten Staaten immer weiter wachsenden Steinway- Familie tragen seitdem traditionell die Namen von Heinrich sowie seinen Söhnen und Töchtern, während ihre Produkte heute immer noch Weltruf genießen.

    www.youtube.com/watch?v=HP6nYjOQe10

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    Heute, 15:42

    The American Corner - Nicola Marschall, Porträtmaler und Schöpfer der Konföderiertenfahne

    Geboren wurde er am 16. März 1829 in St. Wendel als ältester Sohn des Wirtes und Tabakspinners Emanuel Johann Marschall, der es in seiner Heimatstadt St. Wendel zu einem gewissen Wohlstand gebracht hatte. Ab 1846 studierte Sohn Nicola an der Kunstakademie Düsseldorf bei Wilhelm von Schadow Malerei.
    Im Jahre 1849 wanderte Nicola Marschall in die Vereinigten Staaten aus und gelangte über erste Stationen in New Orleans /Louisiana und Mobile /Alabama nach Marion /Alabama, wo er im Jahre 1851 am "Marion Female Seminary" eine Stelle als Kunstlehrer annahm. In den darauffolgenden Jahren erwarb sich Nicola Marschall einen besonders guten Ruf als Porträtmaler und kehrte 1857 noch einmal nach Europa zurück, wo er u.a. Studienreisen durch Frankreich und Italien unternahm und zwei Jahre später in die USA zurückkehrte.
    Am 11. Januar 1861 schloß sich Alabama den Konföderierten Staaten von Amerika an und schied gleichzeitig aus der Union aus. In diesem Zeitrahmen soll Marschall, der sich zu diesem Zeitpunkt wieder in Marion aufhielt, sowohl die Konföderiertenflagge "Stars and Bars" als auch die grauen Uniformen der Konföderierten Streitkräfte entworfen haben. Jedenfalls wurde diese Version über den Ursprung von Flagge und Uniform im Jahre 1905, als viele Zeitzeugen des Amerikanischen Bürgerkriegs noch lebten, in verschiedenen amerikanischen Zeitungen mit einer Reihe von Belegen und wörtlichen Zitaten Marschalls wiedergegeben. Was folgte, war ein Streit um die Urheberschaft insbesondere mit einem gewissen Orren Randolph Smith, der die Urheberschaft für sich beanspruchte. Unter Berücksichtigung von Marschalls künstlerischer Reputation, seinen Verbindungen zur Familie des Gouverneurs von Alabama und seinen belegten Flaggenentwürfen gehen heutige Forscher jedoch davon aus, daß Marschalls Entwurf dem der Flagge der Konföderierten Staaten zugrunde lag.
    Während des Bürgerkriegs diente Marschall als First Lieutenant unter Major Samuel Lockett, kehrte nach Kriegsende nach Marion zurück und heiratete Martha Eliza Marshall, die ihm drei Kinder gebar.
    Bedingt durch die wirtschaftlich prekäre Lage in den Südstaaten nach dem Bürgerkrieg, zog Marschall im Jahre 1872 von Marion nach Mobile und im darauffolgenden Jahr nach Louisville /Kentucky. Auf der "Centennial Exhibition" in Philadelphia, der ersten offiziellen Weltausstellung in den USA im Jahre 1876, gewann er eine Medaille für seine herausragenden Porträtgemälde. Im Jahre 1908 mußte Nicola Marschall aus gesundheitlichen Gründen die Malerei aufgeben. Während seiner langanhaltenden künstlerischen Karriere porträtierte er unter anderem Persönlichkeiten wie Jefferson Davis, Abraham Lincoln und John C. Breckinridge.
    Nicola Marschall starb am 24. Februar 1917 in Louisville und wurde auf dem dortigen "Cave Hill Cemetery" beigesetzt, gefolgt von seiner im Jahre 1925 verstorbenen Gemahlin. Im März 1935 wurde in Marion ein Denkmal zum Gedenken an den Entwerfer der "Stars and Bars" eingeweiht, das sich im historischen Distrikt "Marion Courthouse Square" befindet. 1964 wurde an Marschall´s Grab eine Gedenktafel für den "Artist of Confederacy" aufgestellt.

    www.youtube.com/watch?v=16fw-0uym3Q