Ich hätte sie während meiner aktiven Comic- Zeit in den 60er Jahren stets im Fokus, die Alben von Prinz Eisenherz oder Tim und Struppi, aber sie lagen weit außerhalb meiner damaligen finanziellen Möglichkeiten, so daß sich mein damaliger Bestand weitgehend auf die "bunten Heftchen" beschränkte, die in diesen Jahren zwischen erschwinglichen sechzig Pfennig und einer Mark kosteten.
"Tim und Struppi" gilt als eine der ältesten und bedeutendsten europäischen Comicserien. Erfunden wurde das Format von dem Belgier Hergé, der diese humoristischen Abenteuer zwischen 1929 bis zu seinem Tod im Jahre 1983 schrieb und zeichnete. Held der Tim und Struppi- Saga ist der junge belgische Reporter Tim (im Original Tintin), der Reisen um die ganze Welt unternimmt und in zahlreiche abenteuerliche Erlebnisse verwickelt wird. Insgesamt entstand in dem genannten Zeitraum die recht überschaubare Zahl von vierundzwanzig Comicalben, der bereits geplante Band fünfundzwanzig, "Tim und die Alpha- Kunst", wurde durch den Tod Hergés überschattet.
Die ersten Abenteuer von Tim erschienen in der Jugendbeilage "Le Petit Vingtiéme" der katholischen Tageszeitung "Le Vingtième Siécle" am 10. Januar 1929. Erst 1934 begann man mit der Herausgabe von Alben durch den Verlag Casterman. Auch während der Besetzung Belgiens durch deutsche Einheiten im zweiten Weltkrieg erschienen weitere Comics dieses Formats in der Abendzeitung "Le Soir". Nach dem Krieg erhielt Tim endlich im Jahre 1946 sein eigenes Magazin unter dem Titel "Tintin". Die frühen Tintin- Geschichten wurden noch in schwarzweiß gedruckt und hatte einen beachtlichen Umfang von bis zu 124 Seiten. Während des Zweiten Weltkriegs wurde die Seitenanzahl aufgrund der zunehmenden Papierknappheit auf 62 Seiten begrenzt, sodaß Hergé statt drei nun vier Panel- Streifen pro Seite zeichnete. Während der Entstehung der Alben wurden die ursprünglichen Geschichten entweder gekürzt oder auch verlängert, um ein einheitliches Albenformat gewährleisten zu können. Alle vor dem Krieg noch in schwarzweiß erschienenen Alben wurden für die neuen Farbversionen teilweise oder auch komplett neu gezeichnet.
In seinen Geschichten gab Hergé anfangs noch recht unverhohlen das bürgerliche europäische Weltbild der Zwischenkriegszeit wieder, so daß spätere Generationen ihm die Verherrlichung von Kolonialismus und Rassismus vorwarfen. In seinen späteren Alben, beginnend mit "Der blaue Lotus", bemühte sich der Zeichner allerdings auch bereits, andere Kulturkreise differenzierter darzustellen. Hergé stellte sich in seiner späten Schaffensperiode durchaus berechtigt als "damaliges Kind seiner Zeit" dar, das mit einiger Naivität entsprechende Klischees verarbeitet habe. Seine Kritiker führten dessen Weltbild aus dem wertkonservativ- katholischen Milieu dieser Jahre zurück, dem er selbst entstammte. Auffällig bei den Abenteuern von Tim und Struppi ist das fast völlige Fehlen weiblicher Charaktere, was bei vielen weiteren Comicformaten dieses Zeitraums allerdings nicht unüblich war, da die Hauptzielgruppe der Leserschaft in männlichen Kindern und Jugendlichen bestand.
Nachfolgend noch eine Aufstellung der Albenerstveröffentlichungen, die sich ab 1934 mit nur geringen zeitlichen Abständen an die Zeitungsveröffentlichungen anschlossen.
1929: Tim im Lande der Sowjets (Tintin au pays des Soviets), schwarzweiße Fassung
1930: Tim im Kongo (Tintin au Congo), schwarzweiße Fassung
1931: Tim in Amerika (Tintin en Amérique), schwarzweiße Fassung
1932: Die Zigarren des Pharaos (Les cigares du pharaon), schwarzweiße Fassung
1934: Der blaue Lotos (Le lotus bleu), schwarzweiße Fassung
1935: Der Arumbaya- Fetisch (L´oreille cassée), schwarzweiße Fassung
1937: Die schwarze Insel (L´ile noire), schwarzweiße Fassung
1938: König Ottokars Zepter (Le sceptre d´Ottokar), schwarzweiße Fassung
1939: Im Reiche des schwarzen Goldes (Au pays de l´or noir), unvollendete, schwarzweiße Fassung
1940: Die Krabbe mit den goldenen Scheren (Le crabe aux pinces d´or), schwarzweiße Fassung
1941: Der geheimnisvolle Stern (L´étoile mysterieuse), schwarzweiße Fassung, 1942 erschien das Album bereits in Farbe
1943: Das Geheimnis der "Einhorn" (Le secret de la Licorne), in Farbe
1944: Der Schatz Rackhams des Roten (Le trésor de Rackham Le Rouge), in Farbe
1947: Die sieben Kristallkugeln (Les 7 boules de cristal), in Farbe
1949: Der Sonnentempel (Le temple du soleil), in Farbe
1952 Reiseziel Mond (Objectif Lune), in Farbe
1954: Schritte auf dem Mond (On a marché sur la lune), in Farbe
1956: Der Fall Bienlein (L´affaire Tournesol), in Farbe
1958: Kohle an Bord (Coke en stock), in Farbe
1960: Tim in Tibet (Tintin au Tibet), in Farbe
1963: Die Juwelen der Sängerin (Les bijoux de la Castafiore), in Farbe
1968: Flug 714 nach Sidney (Vol 714 pour Sidney), in Farbe
1972: Tim und der Haifischsee (Tintin et le lac aux requins), farbige Comicversion des Zeichentrickfilms
1976: Tim und die Picaros (Tintin et les Picaros), in Farbe
1983: Tim und die Alpha- Kunst (Tin Tin et l´Alph- Art), unvollendete Skizzen
Bei uns in Deutschland lernten die Leser Tim und Struppi erstmals im Februar 1952 im "Hamburger Abendblatt" kennen. Bis 1971 erschienen dort sechzehn der Abenteuer von Hergé, einige davon als deutsche Erstveröffentlichung. Ebenfalls ab 1952 brachte der Verlag Casterman die ersten deutschsprachigen Tim und Struppi- Alben auf den Markt. Die mit "Tim, der pfiffige Reporter" betitelte Reihe erschien bis zum Jahre 1963; seit 1967 wurden die Softcover- Alben des Carlsen- Verlages auf den Markt gebracht. Darüber hinaus gab es zahlreiche weitere Veröffentlichungen in deutschen Zeitungen, Zeitschriften und Magazinen, deren Aufzählung den Rahmen dieses Beitrags sprengen würde.
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