Lieber Besucher, herzlich willkommen bei: Das waren noch Zeiten!. Falls dies Ihr erster Besuch auf dieser Seite ist, lesen Sie sich bitte die Hilfe durch. Dort wird Ihnen die Bedienung dieser Seite näher erläutert. Darüber hinaus sollten Sie sich registrieren, um alle Funktionen dieser Seite nutzen zu können. Benutzen Sie das Registrierungsformular, um sich zu registrieren oder informieren Sie sich ausführlich über den Registrierungsvorgang. Falls Sie sich bereits zu einem früheren Zeitpunkt registriert haben, können Sie sich hier anmelden.
Wenn ich als Jungspund in den 70er Jahren von Freunden gefragt wurde, welche Reiseziele denn noch lohnenswert seien, antwortete ich oft: " Wenn ihr wahre Exotik erleben wollt, fahrt in die DDR !" Und dies, obwohl Reisen in den Arbeiter- und Bauernstaat nicht ganz einfach waren, sofern man dort nicht verwandtschaftliche Bindungen hatte und dadurch die Einreiseformalitäten vereinfachen konnte. Auch ein Visum für den Besuch der Leipziger Messe wurde, zumindest seit den 70ern, oft weitgehend problemlos gewährt.
Die "Exotik" der DDR ergab sich aus vielerlei Gründen: bereits der Geruch war dort oft anders, bedingt durch die zahllosen Zweitaktermotoren und die Braunkohlefeuerung. Auch die "Plaste und Elaste aus Schkopau" roch deutlich anders als unsere damaligen Westkunststoffe. Dazu kamen die zahlreichen politischen Parolen an den Gebäuden und die vielen mehr oder weniger verwahrlosten Altbauten in den Innenstädten, die sofort ins Auge stachen. Auch die Mentalität der ostdeutschen Bevölkerung erschien mir noch "ursprünglicher deutsch" als bei uns, da dort naturgemäß die Verwestlichung mit ihren Folgeerscheinungen wie der verbreiteten Ellenbogenmentalität nicht stattgefunden hatte. Bedingt durch die sozialistische Mangelwirtschaft, spielte "Vitamin B" unter den DDR- Bürgern eine nicht unbedeutende Rolle, so daß man in gewissem Umfang aufeinander angewiesen war und sich in zwischenmenschlicher Hinsicht vieles etwas humaner gestaltete als im kapitalistischen Westen. So jedenfalls waren meine persönlichen Eindrücke in den 60er/ 70er Jahren.
Wie gestaltete sich das Leben im "anderen Deutschland" seit dem Mauerbau aber tatsächlich ? Die hermetische Schließung der Westgrenze im August 1961 wurde zwar von der DDR Staats- und Parteiführung jahrzehntelang als "Antifaschistischer Schutzwall" propagiert, sollte jedoch in erster Linie die Abwanderung von qualifizierten Arbeitskräften in die Bundesrepublik verhindern. Sie war jedoch auch die Voraussetzung für einen allmählichen wirtschaftlichen Aufschwung und die damit verbundene Steigerung des Lebensstandards, der nun auch in der DDR einsetzte. Der ostdeutsche Staat wurde im Verlauf der sechziger Jahre zur zweitstärksten Industriemacht im Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) und zum wichtigsten wirtschaftlichen Partner der Sowjetunion. Die DDR begann, mit der Bundesrepublik um Anerkennung in den Staaten der sogenannten "Dritten Welt" zu wetteifern, und wurde auch zunehmend von westlichen Politikern als "zweiter deutscher Staat" für voll genommen.
Der relative wirtschaftliche Aufstieg der DDR förderte auch zunehmend ein gewisses Eigenbewußtsein seiner Bevölkerung, die den wirtschaftlichen Wiederaufbau nach 1945 unter erheblich schwierigeren Rahmenbedingungen leisten mußte und die zunehmend zu der Einsicht gelangte, daß eine deutsche Wiedervereinigung in absehbarer Zeit vor dem Hintergrund des Kalten Krieges nicht zu erwarten sei. Man richtete sich im "real existierenden Sozialismus" so gut es ging ein.
Im Jahre 1962 wuchs im Kreis von SED- Wirtschaftsfunktionären die Einsicht, daß das bisherige System der Planung und Lenkung der Volkswirtschaft reformiert werden mußte, wollte die DDR wirtschaftliches Wachstum mit einer besseren Versorgung der Bevölkerung verbinden. Daher kündigte Walter Ulbricht auf dem VI. Parteitag der SED im Januar 1963 eine Neuorientierung der Wirtschaftspolitik nach dem "Grundsatz des höchsten ökonomischen Nutzeffekts" sowie der "materiellen Interessiertheit" an. Infolge rückte eine Riege von reformorientierten Wirtschaftsspezialisten in das Politbüro der SED ein. Zwar hielt die DDR- Führung an den Grundsätzen einer sozialistischen Wirtschaftspolitik fest, versuchte aber, ihre Zentralverwaltungswirtschaft flexibler zu gestalten. So sollten die VEB´s in begrenztem Umfang selbst über die Verwendung ihrer erzielten Gewinne entscheiden können. An die Stelle der zentralen Steuerung traten Planvorgaben, die mehr auf eine indirekte Steuerung mittels Zinsen, Prämien, Abgaben und Preisen setzte. Durch ein System von Geld- und Urlaubsprämien sollten die Werktätigen zu größeren Leistungen angespornt und somit die Produktivität der DDR- Wirtschaft insgesamt gesteigert werden.
Bei der praktischen Umsetzung des "NÖS" traten jedoch bald Schwierigkeiten auf. So führte das komplizierte System der Löhne, Prämien und Urlaubsvergünstigungen nicht nur zu Leistungssteigerungen, sondern teilweise auch zu Unzufriedenheit bei den Betroffenen. Denn die Leistungszulagen waren allzuoft abhängig von Faktoren, die ausschließlich die zentrale Planung zu verantworten hatte, wie fehlendes Material, veraltete Maschinen oder das Fehlen von Ersatzteilen. Dazu gesellte sich ein grundsätzliches Problem: durch die Förderung von Eigeninitiative wurde das Prinzip der zentralen Planung zunehmend in Frage gestellt und damit auch der Führungsanspruch der SED gefährdet.
Das ZK der SED zog daraufhin im Dezember 1965 die Konsequenzen und leitete die "Zweite Phase des Neuen Ökonomischen Systems" ein, die bis 1967 anhielt. Wenige Tage zuvor hatte sich Erich Apel, der Leiter der staatlichen Planungskommission und führender Kopf des "NÖS", das Leben genommen. Nachfolger wurde Günter Mittag, der ebenfalls als Reformer galt und durchsetzte, daß 1966/67 die Zahl der zentral vorgegebenen Kennziffern deutlich reduziert wurde. Darauf hin wurden im Januar 1966 acht Industrieministerien gebildet, die die VEB´s leiten, koordinieren und kontrollieren sollten.
Das 11. Plenum des ZK der SED vom Dezember 1965 faßte darüber hinaus schwerwiegende Beschlüsse, die praktisch einem vorläufigen Kahlschlag der bisherigen Kultur- und Jugendpolitik gleichkamen. Eingeleitet wurden zahlreiche repressive Maßnahmen gegen kritische Künstler und Wissenschaftler. Auch wurde der Staatssicherheitsdienst der DDR als Folge dieser Beschlüsse drastisch ausgebaut. Ausgedrückt werden sollte mit diesen Maßnahmen der eindeutige Anspruch der Staats- und Parteiführung auf das Machtmonopol in der DDR. Zugleich wandelte sich das "NÖS" von einer noch 1963 eingeforderten "Reform des ganzen Volkes" zu einer Reform, an der im wesentlichen nur noch die Führungskader der Wirtschaft und des Partei- und Regierungsapparates beteiligt waren.
Der VII. Parteitag der SED im April 1967 verkündete schließlich den Übergang vom "NÖS" zum "Ökonomischen System des Sozialismus" (ÖSS). Infolge entwickelte sich das Preissystem flexibler, und die Betriebe erhielten größere Entscheidungsbefugnisse. Im Widerspruch zu dieser Liberalisierung stand aber die Einführung von "strukturbestimmenden Aufgaben". Neuinvestitionen und der Bau neuer Industrieanlagen sollten sich nunmehr auf einige "Fortschrittsindustrien" konzentrieren, wie z.B. die Elektrotechnik und den Werkzeugmaschinenbau. Die forcierte Förderung dieser Bereiche sollte die Leistungen der DDR- Industrie auf "Weltniveau" bringen und den Stand der Bundesrepublik zumindest erreichen oder sogar übertreffen.
In seinen frühen Jahren hatte das "NÖS" durchaus positive Auswirkungen auf die DDR- Wirtschaft. Das Fernziel, den Westen einzuholen oder gar zu überholen, hat es jedoch nie auch nur annähernd erreicht.
Anzuerkennen bleibt dennoch der allmählich steigende Lebensstandard der DDR- Bevölkerung in den 60er Jahren. So stiegen die Löhne zwischen 1960 und 1970 langsam an. Lag der durchschnittliche Bruttolohn eines Werktätigen im Jahre 1960 bei 501 Mark der DDR monatlich, so stieg er bis 1965 auf 552 Mark und bis 1970 auf 647 Mark. Zwar blieben Höhe und vor allem die Kaufkraft der Einkommen hinter denen der Bundesrepublik zurück, doch die massive staatliche Subventionierung der Lebensmittel für den Grundbedarf und vor allem der Mieten garantierte eine halbwegs auskömmliche Sicherheit auf niedrigem Niveau. Nie beseitigt werden konnte jedoch das Auftreten von Versorgungsengpässen vor allem bei höherwertigen Lebensmitteln und besseren Konsumgütern, bei denen die Nachfrage zusätzlich durch sehr hohe Abgabepreise gedrosselt wurde. Äußerst vernachlässigt wurde auch in den 60er Jahren der Wohnungsbau. Die künstlich niedrig gehaltenen Mieten trugen mit dazu bei, daß der vorhandene Bestand an Altbauwohnungen wenig gepflegt wurde und allmählich verfiel.
(wird fortgesetzt)
www.youtube.com/watch?v=7u3NspMLiSU
Der chronische Devisenmangel des ersten Arbeiter- und Bauernstaates auf deutschem Boden war über die gesamten vierzig Jahre seines Bestehens geradezu sprichwörtlich. Bereits in den ersten Jahren nach der Gründung der DDR gab es sog. "Transitlager", die später etwas kundenorientierter "HO Internationaler Basar" und schließlich ab 1956 "Intershop" genannt wurden. Bereits Mitte der 60er Jahre existierten in der DDR einige hundert Verkaufsstellen. Zielgruppe waren zunächst Besucher aus dem westlichen Ausland und vor allem Bundesbürger, die durch günstige Angebote verlockt werden sollten, in diesen Läden ihre Devisen auszugeben.
Lukrativ wurde insbesondere in den 60er/70er Jahren das Geschäft mit Westberlinern, die die günstigen Angebote im Rahmen ihrer Tagestouren zu Einkäufen in INTERSHOPS nutzten.
Das Geschäftsmodell erwies sich letztendlich als ausgesprochen erfolgreich. Saldiert man Umsätze und Gewinne bis 1989, so hat die DDR durch ihren Handel in den INTERSHOPS mehr verdient als durch Westkredite oder Häftlingsfreikäufe. Was blieb, war die ideologische Zwickmühle, in die die Staats- und Parteiführung mit diesen "Inseln kapitalistischen Glücks" gegenüber ihren eigenen Bürgern geriet. Nicht zuletzt aus diesem Grund änderte man im Dezember 1973 die Devisengesetze und verschaffte ab Februar 1974 somit auch DDR- Bürgern die Möglichkeit, "offiziell" bis zu fünfhundert DM (West) besitzen zu dürfen und damit in den Intershops einkaufen zu können. Es blieb den "Organen" nämlich nicht verborgen, daß viele Bürger des Landes durch die Geschenke von Westverwandten über Devisen verfügten, die über dunkle Kanäle gegen knappe Güter und Dienstleistungen eingetauscht wurden. Auch gab es einen durchaus florierenden Schwarzmarkt von Antiquitäten wie seltenen Briefmarken oder Münzen, die alle Zeitläufte überstanden hatten und gern gegen Devisen von kleinen und auch größeren Sammlern und Wiederverkäufern aus dem Westen übernommen wurden. Offiziell war die Ausfuhr von Kulturgütern über private Kanäle zwar strikt untersagt, konnte aber insbesondere bei Kleinantiquitäten kaum unterbunden werden.
Im Jahre 1977 gab es in der DDR bereits 271 INTERSHOP- Läden, wobei die Spitze der Bezirk Rostock als "Hafen zur Welt" mit 36 Läden anführte. Um eine bessere Devisenkontrolle zu erlangen, wurden ab 1979 von der DDR- Bevölkerung eingereichte Devisen in den Filialen der Staatsbank der DDR zunächst gegen sog. "Forumschecks" eingetauscht, mit denen dann eingekauft werden konnte. Diese Prozedur stieß bei der Bevölkerung auf breite Ablehnung, da die Schecks ausschließlich in den INTERSHOPS eingelöst werden konnten, und führte zumindest vorübergehend zu einem Umsatzeinbruch in den Läden. Die Forumschecks blieben jedoch wertstabil und bis zum Ende der DDR offizielles Zahlungsmittel. Anfang 1990 konnten sie problemlos gegen DM (West) zurückgetauscht werden.
Kurz vor dem Ende der DDR gab es in praktisch jeder Kreisstadt mindestens einen INTERSHOP, insgesamt waren es im Jahre 1989 470 Läden, wobei die Verkaufspreise durchaus nicht einheitlich waren, wie ansonsten in der DDR gewohnt. Insbesondere in grenznahen Lagen, Einrichtungen an den Transitstrecken sowie im stark frequentierten Berliner Bahnhof Friedrichsstraße lagen die Preise stets knapp unter denen der BRD. Hauptumsatzbringer waren Spirituosen, Zigaretten und Textilien. In den DDR- Binnenstädten dagegen lagen die Verkaufspreise meist etwas über den Westpreisen, da hier vorwiegend DDR- Bürger einkauften, denen sowohl die Vergleichsmöglichkeiten als auch die Möglichkeit der Abwanderung zur billigeren "Konkurrenz" fehlten.
Was gab es im INTERSHOP ? Eigentlich alles, selbst Tiefkühlkost wurde aus Westberlin geliefert. Neben den direkten Verkäufen war dabei auch der GENEX- Geschenkdienst eine lukrative Einnahmequelle für das notorisch klamme Devisenstaatssäckel der DDR. Per Katalog konnten praktisch fast alle Konsumgüter erworben werden, die es im DDR- Handel nicht gab, Das Angebot erstreckte sich über Textilien bis hin zu Kraftfahrzeugen und kompletten Eigenheimen (!).
Die Angestellten des INTERSHOP galten als äußerst privilegiert, hatten sie doch zumindest mittelbaren Zugang zu fast allen Konsumgütern des Westens und erhielten auch monatliche Prämien in Devisen ausgezahlt. Daß Gelegenheit natürlich auch Diebe macht, war angesichts der makabren Situation mehr als selbstverständlich, und so füllten entsprechende Vergehen ganze Bände der Polizei. So "vergaß" eine Leipziger Angestellte 1976, die Tageseinnahmen von 40.000 DM abends in den Tresor zu legen, und just in dieser Nacht wurde in den Laden eingebrochen. Eine andere Verkäuferin flüchtete in den Westen und nutzte dafür die Inventurdifferenz von 4.000 DM. Mal wurden die Einnahmen nicht korrekt eingetippt und das Bargeld unter der Kasse deponiert, mal wurden Preise "inoffiziell" heraufgesetzt. Freunden und Verwandten wurden Waren gelegentlich kostenlos überlassen oder nicht passende Geschenke von Westverwandten zu selbst festgelegten Preisen im eigenen INTERSHOP verkauft.
Nach dem Fall der Mauer löste sich das Geschäftsmodell INTERSHOP wie von selbst in Luft auf. Zusammen mit der DDR wurden 1990 auch INTERSHOP UND GENEX abgewickelt.
www.youtube.com/watch?v=wXAyDMbbgP4
Trotz alldem konnte von einer "bedrückenden Atmosphäre", wie diese oft im Westen kolportiert wurde, keine Rede sein. Man machte aus der Situation das Beste, half sich gegenseitig und hatte hüben wie drüben seine privaten Freuden und auch Sorgen.
www.youtube.com/watch?v=QHY1KyC2w
www.youtube.com/watch?v=9WzYEjR_rAU
Forensoftware: Burning Board® Lite 2.1.1, entwickelt von WoltLab® GmbH