Lieber Besucher, herzlich willkommen bei: Das waren noch Zeiten!. Falls dies Ihr erster Besuch auf dieser Seite ist, lesen Sie sich bitte die Hilfe durch. Dort wird Ihnen die Bedienung dieser Seite näher erläutert. Darüber hinaus sollten Sie sich registrieren, um alle Funktionen dieser Seite nutzen zu können. Benutzen Sie das Registrierungsformular, um sich zu registrieren oder informieren Sie sich ausführlich über den Registrierungsvorgang. Falls Sie sich bereits zu einem früheren Zeitpunkt registriert haben, können Sie sich hier anmelden.
Im Jahre 1964 reisten drei Mitarbeiter der Zeitung "Die Zeit" vierzehn Tage lang durch den nunmehr seit fünfzehn Jahren bestehenden Arbeiter- und Bauernstaat auf deutschem Boden. Es handelte sich um Marion Gräfin Dönhoff, Rudolf Walter Leonhardt und Theo Sommer. Sie führten zahlreiche Gespräche mit Parteifunktionären und Arbeitern, mit Studenten, Ingenieuren, Künstlern und Wissenschaftlern. Sie besuchten Wohnungen, Werkstätten, Hörsäle und Theater und waren bemüht, im Rahmen ihrer Möglichkeiten auch hinter die Kulissen des zweiten deutschen Staates zu blicken.
Diese "Reise in ein fernes Land", wie die der Besuchsreise folgende Artikelserie in der "Zeit" und das anschließend erschienene Buch hießen, erregte damals im Westen einiges Aufsehen, insbesondere bei vielen Bundesbürgern ohne verwandtschaftlichen Anhang im Osten. Viel wußten die westdeutschen Zeitgenossen nicht mehr über die aktuellen Lebensbedingungen der damaligen DDR- Bürger. Viele von ihnen kannten die Riviera, den Gardasee oder die Costa Brava, hatten aber Dresden, Leipzig oder Rostock, die mecklenburgische Seenplatte oder den Thüringer Wald noch nie gesehen, denn der eiserne Vorhang bildete eine dichte Grenze.
Was die Frage betraf, inwieweit sich die Menschen "dort drüben" mittlerweile mit dem SED- Regime arrangiert hatten und welche Einstellungen sie zur DDR als "ihrem Staat" hatten, darüber gab es im Westen weitgehend nur Vermutungen.
Theo Sommer hatte die DDR- Wirklichkeit gegen Mitte der 60er Jahre in "Reise in ein fernes Land" wie folgt beschrieben: "Die Mauer als Beruhigungsfaktor. Es ist eine paradoxe Vorstellung, aber sie erklärt manches: den (relativen) ökonomischen Aufschwung, eine gewisse Unbekümmertheit, die das Regime heute an den Tag legt, weil sein Sicherheitsgefühl gewachsen ist, und jene Erscheinung, die im Parteijargon "Festigung des Staatsbewußtseins" heißt. In der Tat ist ein solches Staatsbewußtsein im Entstehen. Psychologisch ist das durchaus erklärlich. Die Mehrzahl der Menschen verharrt nun einmal nicht auf unbestimmte Zeit in Trotzpose und Widerstandshaltung. Sie arrangiert sich mit der Umwelt, wenn diese Umwelt unabänderlich zu sein scheint. Die Menschen in der DDR mögen auch nicht die Leistungen, die sie trotz aller äußeren und inneren Schwierigkeiten im Laufe der Zeit vollbracht haben, verlachen oder verspotten, denn schließlich sind es ihre eigenen Leistungen. Aus dem Schöpferstolz wird so eine gewisse Identifizierung, aus der Identifizierung am Ende das Sich- Abfinden. Nicht, daß dieses Sich- Abfinden sie zu Kommunisten machte- das sind sie nicht und werden sie nicht. Aber ihre gesonderte Existenz hat über die Jahre hinweg doch dazu geführt, daß viele auch dem westlichen System distanziert gegenüberstehen. Sie beneiden den Westen in vielem, aber sie wünschen ihn nicht in allem nachzuahmen."
Die damalige Einschätzung Theo Sommers ist mittlerweile durch Datenmaterial zu den Trends in den Einstellungen, Meinungen und Verhaltensweisen der DDR- Bevölkerung im wesentlichen bestätigt worden. So blieb die ganz überwiegende Mehrheit der DDR- Bürger weiter auf die Bundesrepublik hin fixiert, hielt auch über die Jahrzehnte an dem Wunsch einer Wiedervereinigung fest, aber der Glaube an die Realisierung einer politischen Einheit war, ähnlich wie bei den Menschen in der Bundesrepublik dieser Jahre, mittlerweile stark geschwunden.
Die denkbaren Alternativen und Wunschvorstellungen bildeten die eine Seite, die grauen Realitäten die andere, und letztere prägten den Alltag der DDR- Bürger.
Mit der zunehmenden Dauer der Existenz zweier deutscher Staaten wuchs insbesondere in den Jahren nach dem Mauerbau das Gefühl in großen Teilen der Bevölkerung, daß es sich bei der Bundesrepublik und der DDR um zwei getrennte Staaten eines Volkes handelte. Man akzeptierte das System nicht unbedingt, aber paßte sich an die als zunehmend unveränderlich empfundenen Realitäten an.
Für den späteren Erfolg der "Neuen Ostpolitik" und der gleichzeitigen Abkehr von der Hallstein- Doktrin wurde es wichtig, daß die Westdeutschen die DDR "neu entdeckten", daß man sie nicht mehr nur als "Zone" jenseits des Eisernen Vorhangs wahrnahm, sondern als Industriegesellschaft, in der ein Teil ihrer Landsleute lebte, Menschen mit all ihren Stärken und Schwächen.
Meine persönlichen Erinnerungen an die Aufenthalte in der DDR beschränken sich i.w. auf die sechziger und siebziger Jahre. In den 60ern fuhren wir regelmäßig alle zwei Jahre in die Heimat meiner Mutter nach Stendal. Dort wurde ich, wie bereits an anderer Stelle berichtet, regelmäßig von den dortigen Straßenjungs als "Wessi" erkannt und oft nach Strich und Faden vermöbelt. Die Versorgungslage war dort zwar nicht angespannt, aber Artikel des gehobenen Bedarfs waren oft entweder sehr teuer oder schlicht kaum erhältlich, wie z.B. diverse Südfrüchte. Hintergrund war, daß die "sozialistischen Bruderstaaten" derartiges nicht liefern konnten und Produkte wie Kaffee, Apfelsinen oder Bananen gegen knappe Devisen importiert werden mußten, da die Mark der DDR international nicht konvertibel war. Generell soll die Versorgungslage in der "Hauptstadt der Republik" und in den Bezirksstädten durchweg besser als in der Provinz gewesen sein, so daß DDR- Bürger gelegentliche Reisen auf sich nahmen, um an begehrte Konsumartikel zu kommen.
Standardartikel des täglichen Bedarfs wie z.B. "Schrippen" (Brötchen) und natürlich die Mieten waren deutlich günstiger als im Westen, da sie staatlich subventioniert wurden. Der EVP für ein Brötchen betrug nach meiner Erinnerung in den späten 60ern fünf Pfennig.
In den 70ern wurde die Versorgungslage bereits besser, da nach dem Amtsantritt Honeckers weniger in die Schwerindustrie investiert und mehr Konsumgüter hergestellt wurden. Allerdings bin ich in diesem Jahrzehnt nur noch zwei-, dreimal in der DDR gewesen, da meine Mutter 1972 verstarb und mein Vater beruflich zu sehr eingebunden war, um regelmäßig "nach drüben" reisen zu können. In den 80ern habe ich dann studien- und berufsbedingt meine Reisen in die DDR komplett eingestellt.
Forensoftware: Burning Board® Lite 2.1.1, entwickelt von WoltLab® GmbH