Mit der Erstellung dieses Blogs zu Alfred Hitchcock`s Meisterwerk habe ich mich anfangs ein wenig schwergetan.
Einerseits handelt es sich zweifellos um einen der herausragendsten Spielfilme der 60er Jahre. Komplett verfolgt habe ich den Film jedoch erst mit erheblichem zeitlichen Abstand im Fernsehen der späten 80er Jahre. Als Kind der 60er Jahre wäre ich in diesem Zeitrahmen mit dem Werk auch noch heillos überfordert gewesen.
Zum Anderen ist "Psycho" seit seiner Entstehung mannigfach dokumentiert und auch interpretiert worden, so daß sich mir die Frage stellte, ob eine zusätzliche Dokumentation in einem Forum über die 60er Jahre sinnvoll sein kann. Ich kam zu der Erkenntnis: sie kann

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Wie auch immer: mit "Psycho" sprengte Alfred Hitchcock alle bisherigen Konventionen des Genres und schuf 1960 einen Psychoschocker, der heute zum Klassiker geworden ist.
Zu "schocken" war auch die volle Absicht des Produzenten und Regisseurs, der mit der Produktion von "Psycho" völlig neue Wege beschreiten wollte. Der Film entstand nach dem 1959 verlegten Roman gleichen Namens von Robert Bloch. Um das mehr als überraschende Handlungsende geheimzuhalten, soll Hitchcock einen großen Teil der Buchauflage aufgekauft haben. Auch das Produktionsteam mußte sich vor Beginn der Dreharbeiten verpflichten, keinerlei inhaltliche Details über den Film bekanntzugeben. Für alle Darsteller gab es Interviewverbote, weiterhin gab es keinerlei Testscreenings, und selbst die Gilde der Filmkritiker mußte sich bis zum offiziellen Filmstart gedulden.
Zunächst hatte Hitchcock das Konzept von "Psycho" Paramount Pictures vorgelegt, die das Drehbuch jedoch als zu brutal und abstoßend ablehnten. Infolge produzierte Hitchcock den Film über seine eigene Firma Shamley Productions, die jedoch mit der Kapitalkraft der "Major Companies" nicht mithalten konnte. Bei einem maximal möglichen Produktionsbudget von rund 800.000,- Dollar mußten daher Einsparungen vorgenommen werden; u.a. wurde deshalb nur in s/w gedreht. Auch wurden mit Ausnahme von Janet Leigh damals noch weitgehend unbekannte Schauspieler engagiert. Janet Leigh spielte nur zu einem Bruchteil ihrer sonst üblichen Gage, profitierte im Nachhinein jedoch von dem immensen Publikumserfolg des Films, der ihre Karriere ungemein beförderte. Auch Anthony Perkins wurde durch die Figur des Norman Bates zum gefragten Filmstar.
"Psycho" schockte nach seiner Aufführung nicht nur das Publikum, sondern auch staatliche und kirchliche Entscheidungsträger, was u.a. dazu führte, daß Kirchenvertreter sich für ein Verbot des Films aussprachen.
Dennoch setzte sich der für die Verhältnisse der beginnenden 60er Jahre ausgesprochen brutale und verstörende Schocker schnell beim Kinopublikum durch und schrieb als erster Psychothriller Filmgeschichte. Insbesondere die Duschszene gehört heute zu einer der berühmtesten Filmszenen aller Zeiten, nicht zuletzt durch ihre ausgefallene Akustik.
Langfristig sorgte der große Publikumserfolg des Films für eine Aufweichung von Tabuthemen, denen sich die Filmindustrie damals noch freiwillig unterwarf. "Psycho" spielte weltweit über fünfzig Millionen Dollar ein, von denen rund ein Drittel in die Tasche Hitchcocks flossen.
1998 gab es ein Remake des Films unter der Regie von Gus van Sant mit Vince Vaughn und Anne Heche in den Hauptrollen, dem aber der große Erfolg des Originals von 1960 versagt blieb.
Die Handlung von "Psycho" dürfte den meisten meiner Zeitgenossen mehr oder weniger gut bekannt sein, deswegen sei sie hier nur kurz skizziert. Nachdem die attraktive Sekretärin Marion Crane (Janet Leigh) ihren Arbeitgeber um vierzigtausend Dollar erleichtert hat, flieht sie mit dem Geld in Richtung Kalifornien zu ihrem Liebhaber, dem Eisenwarenhändler Sam Loonis. Bei Regen und einbrechender Dunkelheit verirrt sich Marion und landet in der Nähe eines kleinen, abgelegenen Hotels. Sie kehrt dort ein, ist der einzige Gast und wird von dem schüchternen, introvertiert wirkenden Besitzer des Hotels, Norman Bates (Anthony Perkins) zum Abendessen eingeladen. Ungewollt hört sie durch das offene Fenster ein Streitgespräch zwischen Bates und seiner alten, scheinbar sehr eifersüchtigen Mutter, die ihm den Umgang mit Frauen "wie Marion" verbietet.
Nach dem gemeinsamen Essen entschließt sich Marion, das gestohlene Geld zurückzubringen und geht, erleichtert durch ihre Entscheidung, unter die Dusche. Plötzlich reißt eine Person den Vorhang auf und sticht brutal mit einem Messer auf sie ein. Norman entdeckt die Leiche, ist überzeugt davon, daß die Tat von seiner eifersüchtigen Mutter begangen wurde, und versenkt kurzerhand Marion und ihr Auto in einem nahegelegenen Sumpf.
Mittlerweile wird Marion auch von ihrer Schwester Lila (Vera Miles) und dem Privatdetektiv Arbogast (Martin Balsam) gesucht. Letzterer gelangt bei seinen Recherchen bis zu dem Motel und wird dort von Norman´s Mutter ermordet, während Norman selbst wieder die "Aufräumarbeiten" übernimmt. Lila und Marion´s Freund Sam Loonis (John Gavin) recherchieren nun selbst und erhalten von der Polizei die Auskunft, daß Norman Bates Mutter bereits vor über zehn Jahren verstorben ist. Im Keller des Motels entdeckt Lila schließlich zu ihrem Entsetzen die auf einem Stuhl sitzende, mumifizierte Leiche von Norman´s Mutter. Nur knapp entgeht sie dem Tod, als Norman in den Kleidern seiner Mutter versucht, auch sie zu erstechen. Nach Norman´s schließlicher Festnahme erfahren Lila und Sam die wahren Hintergründe des Verbrechens. Norman leidet unter einer gespaltenen Persönlichkeit und vergiftete seine Mutter sowie ihren Liebhaber. Fortan lebte er mit der mumifizierten Leiche seiner Mutter im Haus und führte einen Dialog, indem er ihre Stimme imitierte.
In der Schlußphase des Films hat die Persönlichkeit seiner Mutter nahezu vollständig von Norman Besitz ergriffen, erkennbar an Norman´s innerem Monolog.
Es fällt schwer, bei "Psycho" nicht ständig mit Superlativen aufzuwarten, doch wenn es einen hervorragend inszenierten Spielfilm der 60er Jahre gibt, dann ist es dieses Werk. Es schließt außerdem Hitchcock´s hervorragenden "Lauf" der 50er Jahre grandios ab und bildet m.E. zusammen mit "Vertigo" gleichzeitig den Höhepunkt seines filmischen Schaffens

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