In den 60ern waren selbst bei uns am Niederrhein die Winter meist sehr schneereich und im Schnitt kälter als heute. Bereits im November wurde bei mir vorgefühlt, welche Geschenke denn auf meinem Wunschzettel für das zu Ende gehende Jahr stehen würden. Textilien kamen für mich nicht in Frage, dies waren Notwendigkeiten, die man hatte, aber keine sinnvollen Geschenke. Obenauf standen Aufstellfiguren und deren Zubehör, später kamen Briefmarken, Bücher und Eisenbahnzubehör (Märklin HO) hinzu. Die Adventszeit begann für mich mit dem Aufhängen des Kalenders, der bis in die späten 60er nur Bilder, keine Schokolade, enthielt. Ab 1966 kamen dann für mich im Fernsehen auch die legendären Adventsvierteiler, beginnend mit der Schatzinsel. Natürlich an Heiligabend auch die obligatorische Sendung "Wir warten auf´s Christkind", Mitte der 60er auch einmal mit Hans Clarin und James Krüss. Am frühen Abend gab´s dann Bescherung. Unser Weihnachtsmann kam mit viel Gepolter die Treppe herauf und verlangte herrisch Einlaß. An die dabei entstehende Gefühlsmischung aus Vorfreude und purer Angst kann ich mich auch nach fast fünfzig Jahren gut erinnern. Vorgelesen wurde das Sündenregister des abgelaufenen Jahres, dabei gab es auch Hiebe mit der Lederpeitsche (eine Rute hatte er nicht, unser Weihnachtsmann war eine Hardcore- Version aus dem Osten), und auch die Mutter bekam gelegentlich ihr Fett weg. Danach wurden trotz der "Vergehen" umständlich die Geschenke aus dem Sack hervorgekramt, der Empfänger verlesen und das Geschenk überreicht. Wie groß war jedesmal die Freude, als dieses Procedere überstanden war ! Die Geschenkverpackungen wurden von mir trotz Protests meiner Mutter ("Das schöne Papier !") regelrecht zerfetzt, um die neuen Schätze umso schneller in Augenschein nehmen zu können. Eines der schönsten Geschenke, an das ich mich erinnern kann, war dabei die Überfallpostkutsche von Elastolin, die damals immerhin stolze 25,- DM kostete.
Am 25. Dezember gab es dann den obligatorischen Festbraten (meist Gans, in seltenen Fällen einmal Kaninchen), und die neuen Spielschätze wurden von mir ausgiebig getestet. Am 26. Dezember fuhren wir meist für einige Tage zu meinen Großeltern, in deren unbeheiztem Schlafzimmer wir dann unter dicken Federbetten nächtigten.
Es war eine schöne Zeit mit dem, was man heute als "Geborgenheit im Ritus" zu nennen pflegt.