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    Mittwoch, 22. April 2020, 21:47

    Sternstunden des Spielfilms der späten 50er bis frühen 70er Jahre - Es geschah am hellichten Tag (BRD 1958)

    Hätte ich diesen herausragenden deutschen Spielfilm der späten 50er Jahre bereits in meiner Kindheit oder frühen Jugend sehen können, hätte er sich durch seine Intensität mit Sicherheit nachhaltig in mein Bewußtsein eingegraben. Dennoch war ich auch in reiferen Jahren, als ich das Werk erstmalig sah, von der Kombination aus starken Schwarzweißbildern, effektvoller Musik und dem Verzicht auf eine simple dramaturgische Trennung zwischen Gut und Böse beeindruckt.
    Friedrich Dürrenmatt (1921- 1990) erhielt den Auftrag für einen Film über Sexualdelikte an Kindern 1957 und verfaßte das Drehbuch zu "Es geschah am hellichten Tag" , während er parallel dazu das Buch "Das Versprechen. Requiem auf den Kriminalroman" schrieb. Insgesamt wirkt die Buchvariante filigraner, schwerlastiger und verliert sich gelegentlich in philosophischen Betrachtungen, während die filmische Umsetzung, die ein möglichst breites Publikum ansprechen sollte, etwas gefälliger gestaltet wurde. Dennoch wurde daraus ein hervorragend inszenierter, vielschichtiger Krimi, der stets den inneren Spannungsbogen beibehält und der letztendlich auf eine Zuspitzung des Zweikampfs zwischen dem besessenen Ermittler und dem ebenso besessenen Mörder zusteuert. Der Film profitiert darüber hinaus von der genialen Bestzung mit zwei überragenden Schauspielern dieser Jahre, den Kontrahenten Heinz Rühmann und Gert Fröbe, die ihre Rollen meisterhaft verkörperten und das Gesamtwerk auch über sechzig Jahre nach seiner Entstehung als immer noch überaus sehenswert erscheinen läßt.
    Worum ging es ? Oberleutnant Dr. Matthäi (Heinz Rühmann), ein eher einzelgängerischer, in einem Hotel lebender Kriminalbeamter der Zürcher Kantonspolizei, befindet sich kurz vor seiner Abreise nach Jordanien, wo ihn ein Fünfjahresvertrag erwartet. Doch sein letzter Fall in der beschaulich ländlichen Schweiz erschüttert nicht nur das kleine Mägendorf, sondern sorgt auch für eine persönliche Lebenskrise des renommierten Polizeiexperten. Denn die Leiche der kleinen Gritli Moser wird entsetzlich zugerichtet von dem Hausierer Jacquier (Michel Simon) im Wald entdeckt. Dieser wird sofort als Mörder verdächtigt und kann nur knapp von Matthäi vor der Lynchwut der aufgebrachten Bergbauern gerettet werden. Matthäi verspricht Gritlis Mutter in die Hand, den Mörder ihrer Tochter in jedem Fall ausfindig zu machen und seiner gerechten Strafe zuzuführen.
    Nach der vorläufigen Abreise Matthäis übernimmt Leutnant Henze (Siegfried Lowitz) die Ermittlungen, will den Fall baldmöglichst abschließen und legt sich vorschnell auf den Hausierer als allein in Frage kommenden Täter fest. Aufgrund zweier ähnlich gelagerter Fälle ist Matthäi dagegen zunehmend davon überzeugt, daß es sich bei dem Mörder um einen durch die Region pendelnden Serientäter handeln muß, der schon in Kürze wieder zuschlagen könnte. Matthäi verzichtet daher auf seinen Job in Jordanien und begibt sich von Stund an auf die Suche nach dem Mann, den die ermordete Gritli auf einer Zeichnung als "Igelriesen" beschrieben hat und den er für den Mörder hält.
    Nachdem der Hausierer unter Druck ein Geständnis abgelegt hat und sich kurze Zeit danach in seiner Zelle erhängt, legt die Kantonspolizei den Fall zu den Akten. Daraufhin ermittelt Matthäi auf eigene Faust weiter, überzeugt davon, daß der "Igelriese" ein Serientäter ist und bald wieder ein neues Verbrechen begehen wird. Der Kriminalbeamte pachtet eine Tankstelle an einer vielbefahrenen Landstraße und beschäftigt Frau Heller (Maria Rosa Salgado) als Haushälterin, deren kleine Tochter der ermordeten Gritli ähnlich sieht. Bald bemerkt auch der stark gehemmt wirkende Geschäftsmann Schrott (genial gespielt von Gert Fröbe), der von seiner hyperdominanten Frau (Berta Drews) gegängelt wird und der mit auffallender Regelmäßigkeit in seinem Buick auf der Landstraße unterwegs ist, die an der Tankstelle vorbeiführt, mit zunehmender Nervosität die Anwesenheit eines kleinen blonden Mädchens...

    www.youtube.com/watch?v=azEgga6b8f4
    http://vivo.sx/38de7b012f

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    Freitag, 24. April 2020, 12:41

    Toll, wenn ich so eloquent schreiben koennte wie Du, Uwe, waere ich Journalistin geworden!
    Gerade fiel mir noch ein Remake von "Es geschah am hellichten Tag" ein, und zwar mit Jack Nicholson:
    https://www.imdb.com/title/tt0051588/mov…ef_=tt_ql_trv_6

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    Freitag, 24. April 2020, 12:47

    Ich koennte schwoeren, dass Kommissar Matthei noch in weiteren Duerrenmatt Werken auftaucht, aber im Internet konnte ich (wieder mal) nichts ergoogeln. :cursing:

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    Freitag, 24. April 2020, 12:58

    Le meurtrier aka Der Moerder

    Noch eine abschliessende Bemerkung zu Gert Froebe.
    In den spaeten 60er Jahren sah ich einen der besten und zugleich spannendsten Gert Froebe Filme, basierend auf Patricia Highsmith's Krimi "Der Stuemper" (The Blunderer) im Fernsehen.
    Nach Jahrzehnten des Wartens erscheint der franzoesische Krimi "Le meurtrier" aka "Der Moerder" im Juni ENDLICH bei Pidax auf DVD:
    https://www.pidax-film.de/Film-Klassiker…rder::1825.html

    Die entzueckende Marina Vlady, ihr damaliger Mann Robert Hossein (als Kommissar) und Maurice Ronet spielen ebenfalls mit.
    Als 2016 das US Remake mit Patrick Wilson (und viel Bonus Material) erschien, erwartete ich eigentlich, dass der Regisseur wenigstens einmal das Original aus den 60er Jahren erwaehnen wuerde, aber er hatte vermutlich keine Ahnung, dass "The Blunderer" bereits vor 50 Jahren verfilmt wurde (und m. E. wesentlich besser als die 2016 Version).
    https://www.imdb.com/title/tt2726552/reference

    Gluecklicherweise habe ich eine alte Kopie von "Le meurtrier", die ich nun freudig durch die kommerzielle DVD austauschen werde.
    Es gibt leider kaum noch fuer mich reizvolle DVD Neuerscheinungen aelterer Filme oder classic TV series, aber dies ist mit Sicherheit eins der wenigen Highlights 2020 auf dem deutschen DVD Markt.

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    Freitag, 24. April 2020, 20:58

    Chrissie´s Eloquenz

    Toll, wenn ich so eloquent schreiben koennte wie Du, Uwe, waere ich Journalistin geworden!
    Gerade fiel mir noch ein Remake von "Es geschah am hellichten Tag" ein, und zwar mit Jack Nicholson:
    https://www.imdb.com/title/tt0051588/mov…ef_=tt_ql_trv_6


    Das kannst Du mit Sicherheit, Chrissie ! An Deinen Beiträgen ist doch eindeutig ablesbar, daß Du mir in diesem Punkt zumindest gleichwertig, wenn nicht sogar überlegen bist. Verbale Eloquenz, egal ob mündlich oder in Schriftform, ist ein Privileg vieler Frauen, das entwicklungsgeschichtlich zu begründen ist. Wobei Ausnahmen auf beiden Seiten natürlich die Regel bestätigen :D .
    Vor diesem Hintergrund freue ich mich schon auf Deine "non bias evaluations" der Remakes von 1997 und vielleicht auch von 1968, die ich beide noch nicht kenne !

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    Donnerstag, 7. Mai 2020, 17:18

    Es geschah am hellichten Tag

    Hi Uwe,
    gestern kam nach 4 Wochen das 12 kg schwere Paket mit 28 Buechern und DVD's aus Germany bei uns an, und heute mittag schaue ich mir nochmal das Original mit Gert Froebe und Heinz Ruehmann an, morgen dann zum 1. Mal nach ueber 20 Jahren das Remake mit Krol. Und dann poste ich etwas zu beiden Filmen.
    Toll, wenn ich so eloquent schreiben koennte wie Du, Uwe, waere ich Journalistin geworden!
    Gerade fiel mir noch ein Remake von "Es geschah am hellichten Tag" ein, und zwar mit Jack Nicholson:
    https://www.imdb.com/title/tt0051588/mov…ef_=tt_ql_trv_6


    Das kannst Du mit Sicherheit, Chrissie ! An Deinen Beiträgen ist doch eindeutig ablesbar, daß Du mir in diesem Punkt zumindest gleichwertig, wenn nicht sogar überlegen bist. Verbale Eloquenz, egal ob mündlich oder in Schriftform, ist ein Privileg vieler Frauen, das entwicklungsgeschichtlich zu begründen ist. Wobei Ausnahmen auf beiden Seiten natürlich die Regel bestätigen :D .
    Vor diesem Hintergrund freue ich mich schon auf Deine "non bias evaluations" der Remakes von 1997 und vielleicht auch von 1968, die ich beide noch nicht kenne !

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    Donnerstag, 7. Mai 2020, 18:19

    Es geschah am hellichten Tag von 1997

    Hi Chrissie,
    schön zu hören, daß die Bücher und DVD´s Dich sicher erreicht haben.
    Über die Einschätzung des o.a. Films würde ich mich freuen, und gern auch in epischer Breite ;) !

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    Donnerstag, 7. Mai 2020, 22:41

    Es geschah am hellichten Tag Vergleich Teil 1

    Hi Uwe,
    epische Breite ist bei mir noch das geringste Problem (eher schon die Eloquenz :D).
    Ich hatte heute ganz ueberraschend mehr Zeit in meiner Mittagspause zur Verfuegung als erwartet, und sah mir deshalb beide Filme hintereinanderweg an.
    Der alte Film mit Heinz Ruehmann als Kommissar Matthaei und Gert Froebe als Weinhaendler Schrott ist natuerlich nicht zu uebertreffen, was die Atmosphaere oder die Darstellung anbelangt.
    Bei mir kam beim Ansehen des alten Films mehr Beklommenheit/Suspense auf, als beim Anschauen des 1997 Remakes mit Joachim Krol.
    Dennoch finde ich unterm Strich, dass das Remake von 1997 mehr als nur knappe 5 Sterne in der imdb verdient haette (ich gab ihm 6 Sterne).
    Im Grossen und Ganzen hat sich Regisseur Nico Hoffmann (der spaeter bei teamWorx beruehmt wurde, und ausgesprochen hervorragende WW II und post-WW II TV Produktionen wie "Der Tunnel", "Dresden", "Tanz mit dem Teufel" (Richard Oetker Entfuehrung), "Die Luftbruecke", "Die Sturmflut", "Nicht alle waren Moerder", die "Ku'damm'56" TV Serie und ganz besonders "Die Flucht" (mit Maria Furtwaengler)) wohltuend an das Ruehmann Original gehalten.
    Grosse Teile des Dialogs sind in beiden Versionen identisch.
    Nico Hofmann hat etwas mehr aus der Szene mit der (beinah) Lynchjustiz gemacht als seinerzeit Regisseur Ladislao Vajda.
    Er baute auch die Beziehung zwischen Barbara Rudnik und Joachim Krol mehr auf.

    Obwohl Heino Ferch seit mehr als 2 Jahrzehnten mein deutscher Lieblingsschauspieler ist, kommt er einfach nicht an die grossartige und sehr zu Herzen gehende Darstellung des Hausierers (im 1958 Original gespielt von Michel Simon) heran.
    Vermutlich wollte Hofmann Ferch unbedingt auch in diesem Film unterbringen, aber ein aelterer Schauspieler haette mich mehr ueberzeugt als es Ferch letztendlich getan hat.

    Was mir wiederum im Original besser gefiel, war die dominante Ehefrau von Schrott aka Gert Froebe (gespielt von Berta Drews, der Witwe von Heinrich George), die dem Zuschauer fast Mitleid fuer den armen Schrott Charakter empfinden laesst.
    Axel Milberg (in der SChrott Rolle) ist im Remake unverheiratet.
    Das Remake hat eine hervorragende Besetzung, ich erkannte Barbara Rudnik (vermutlich war sie damals noch mit Bernd Eichinger liiert, der diesen Film produziert hat), Michael Mendl, wie bereits erwaehnt Heino Ferch und Axel Milberg, ausserdem Martin Luettge, und Hans Werner Meyer.

    Jeder hat andere Prioritaeten, wenn er sich Filme ansieht oder Buecher liest.
    Bei mir ist es weniger die Charakterentwicklung, sondern vor allem drei Dinge: Roman- bzw Drehschauplaetze (oft die Inspiration fuer unsere Europa Urlaube), Soundtrack und Atmosphaere. Wobei ein guter Drehschauplatz schon viel zur richtigen Atmosphaere beitragen kann, also eher eine symbiotische Beziehung.
    Hi Chrissie,
    schön zu hören, daß die Bücher und DVD´s Dich sicher erreicht haben.
    Über die Einschätzung des o.a. Films würde ich mich freuen, und gern auch in epischer Breite ;) !

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    Freitag, 8. Mai 2020, 22:12

    Remakes alter Filme und der fehlende Zugang zum Zeitgeist

    Vielen Dank für deine Beurteilungen, Chrissie ! Um eine persönliche Einschätzung abgeben zu können, müßte ich mir die Remakes anschauen, was ich in Kürze nachzuholen gedenke.
    Mit vielen Remakes deutscher Produktionen habe ich ein Problem. Meines Erachtens kranken viele dieser Filme daran, daß sie von Angehörigen nachgeborener Generationen gemacht wurden, denen die Zeit, von und in der sie handeln, weitgehend fremd ist. Nun ließe sich dieses Manko für einen Produzenten, Regisseur oder Schauspieler durch "Einarbeitung" in den entsprechenden Zeitrahmen ohne weiteres nachholen. Zum Beispiel durch das Anschauen alter Spielfilme, Wochenschauen dieser Jahre oder durch Gespräche mit Zeitzeugen, sofern diese noch leben. Leider wird dies nach meiner Einschätzung in vielen Fällen aus Bequemlichkeit, Ignoranz oder gelegentlich auch aus Voreingenommenheit unterlassen. Heraus kommen Produktionen, die oft eher den Zeitgeist des Jahres ihrer Entstehung ausstrahlen und nicht den der Zeit, in der sie eigentlich spielen.
    Ein Paradebeispiel war für mich stets die Neuverfilmung des Stalingrad- Themas durch Anton Vilsmaier von 1993. Ich habe mir den Film in den 90ern mit einigen älteren Herren angesehen, die ehemalige aktive Kriegsteilnehmer waren. Praktisch alle haben über die filmische Umsetzung der Thematik gelacht. Grundtenor der Aussagen war: wir haben weder so gesprochen, noch sind wir so miteinander umgegangen, noch haben wir uns im Einsatz so dilettantisch und teilweise kindisch verhalten wie Vilsmaier dies dem Kinopublikum wahrmachen wollte. Bei aller Kritik an der ersten filmischen Umsetzung des Themas von 1959 ("Hunde, wollt ihr ewig leben") wurde dieser von den alten Herren als der eindeutig bessere, weil das Frontgeschehen realistischer darstellende Film angesehen. Die Verfilmung von 1959 litt einerseits unter einem sehr knappen Produktionsbudget, konnte aber dennoch den Zeitgeist dieser Jahre besser darstellen, da fast alle Teilnehmer der Produktion diese Zeit noch hautnah miterlebt hatten. Bis zu der Szene mit den Verwundeten im Keller, bei denen es sich tatsächlich um "echte" Arm- und Beinamputierte, nämlich Kriegsversehrte, handelte.
    Der Vilsmaier- Umsetzung ist dies m.E. leider trotz eines erheblich höheren Produktionsbudgets nicht gelungen, nicht zuletzt deshalb, weil der Regisseur meinte, der Produktion eine politische Botschaft aufpfropfen zu müssen.
    Gleiches und ähnliches gilt für viele Remakes der letzten Jahre, z.B. für die Neuverfilmung von "So weit die Füße tragen" von 2001. Während Heinz Weiss selbst als Soldat in russischer Kriegsgefangenschaft war und dadurch dem ersten großen Straßenfeger des deutschen Fernsehens von 1959 eine hohe Glaubwürdigkeit verlieh, wirkt der Hauptdarsteller des Remakes schon aufgrund seiner sehr guten körperlichen Verfassung eher wie ein Abenteuerurlauber, der sich in den Weiten Sibiriens die Hörner abstoßen will.
    Eine Ausnahme bildet "Der Untergang" unter der Regie von Oliver Hirschbiegel von 2004, der zwar kein Remake ist, aber trotz einiger handwerklicher Schnitzer vor allem durch die großartige schauspielerische Leistung eines Bruno Ganz besticht.

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    Montag, 11. Mai 2020, 23:11

    RE: Remakes alter Filme und der fehlende Zugang zum Zeitgeist

    Uwe, da gebe ich Dir vollkommen recht. Nicht nur in historischen Remakes ist mir das mehrfach aufgefallen, sondern auch in historischen Romanen neueren Datums, wo die Heldinnen immer Dinge sagen und tun, die man so damals im 16. oder 17. Jahrhundert mit Sicherheit nicht gesagt bzw getan hat.
    Gespraeche mit Zeitzeugen fanden statt, als "Reichshauptstadt privat" fuer's deutsche Fernsehen gedreht worden ist. Ich habe die DVD, sie enthaelt viel bonus material und der Film basiert auf diesen Zeitzeugen Interviews UND auf den beiden Buechern von Dinah Nelken "Ich an dich" und "Ich an mich", die ich mir vor Jahren gebraucht bei amazon.de bestellt habe. Sie sind einfach zauberhaft.

    https://www.amazon.de/-/en/J%C3%BCrgen-V…vd%2C253&sr=1-1
    https://www.amazon.de/s?k=Dinah+Nelken&i…ef=nb_sb_noss_2
    Der WW II Film "Saving Private Ryan" mit Tom Hanks muss auch dazu gehoeren, denn als ich mir ihn in der fruehen Nachmittagsvorstellung im Hoheluft Kino in Hamburg im Oktober 1998 ansah, sassen im fast leeren Kino in der Reihe vor mir zwei alte Maenner um die 80, die bei der Invasion der Normandie mit dabei gewesen sind, und ein ums andere mal laut zueinander sagten, ja, genauso ist es gewesen.
    "Stalingrad" von Vilsmaier hat mir damals auch nicht gefallen (noch schlimmer fand ich allerdings "Enemy at the Gates" mit Jude Law und Ed Harris).

    Ich mochte aber Vilsmaier's Filme mit Werner Stocker recht gern, "Rama Dama" noch eher als "Herbstmilch" oder "Rosenemil".
    https://www.imdb.com/title/tt0215750/reference

    "Hunde, wollt ihr ewig leben?" habe ich noch nicht gesehen.
    Auch in Peter Podehl's TV Serie fuer Kinder (Die Hoehlenkinder, 1962) kam der Zeitgeist m. E. sehr gut rueber.
    "Der Untergang" aka "Downfall" steht bei uns noch unangeschaut im DVD Regal. Shame on me...
    Bruno Ganz war ein wunderbarer Schauspieler!
    Vielen Dank für deine Beurteilungen, Chrissie ! Um eine persönliche Einschätzung abgeben zu können, müßte ich mir die Remakes anschauen, was ich in Kürze nachzuholen gedenke.
    Mit vielen Remakes deutscher Produktionen habe ich ein Problem. Meines Erachtens kranken viele dieser Filme daran, daß sie von Angehörigen nachgeborener Generationen gemacht wurden, denen die Zeit, von und in der sie handeln, weitgehend fremd ist. Nun ließe sich dieses Manko für einen Produzenten, Regisseur oder Schauspieler durch "Einarbeitung" in den entsprechenden Zeitrahmen ohne weiteres nachholen. Zum Beispiel durch das Anschauen alter Spielfilme, Wochenschauen dieser Jahre oder durch Gespräche mit Zeitzeugen, sofern diese noch leben. Leider wird dies nach meiner Einschätzung in vielen Fällen aus Bequemlichkeit, Ignoranz oder gelegentlich auch aus Voreingenommenheit unterlassen. Heraus kommen Produktionen, die oft eher den Zeitgeist des Jahres ihrer Entstehung ausstrahlen und nicht den der Zeit, in der sie eigentlich spielen.
    Ein Paradebeispiel war für mich stets die Neuverfilmung des Stalingrad- Themas durch Anton Vilsmaier von 1993. Ich habe mir den Film in den 90ern mit einigen älteren Herren angesehen, die ehemalige aktive Kriegsteilnehmer waren. Praktisch alle haben über die filmische Umsetzung der Thematik gelacht. Grundtenor der Aussagen war: wir haben weder so gesprochen, noch sind wir so miteinander umgegangen, noch haben wir uns im Einsatz so dilettantisch und teilweise kindisch verhalten wie Vilsmaier dies dem Kinopublikum wahrmachen wollte. Bei aller Kritik an der ersten filmischen Umsetzung des Themas von 1959 ("Hunde, wollt ihr ewig leben") wurde dieser von den alten Herren als der eindeutig bessere, weil das Frontgeschehen realistischer darstellende Film angesehen. Die Verfilmung von 1959 litt einerseits unter einem sehr knappen Produktionsbudget, konnte aber dennoch den Zeitgeist dieser Jahre besser darstellen, da fast alle Teilnehmer der Produktion diese Zeit noch hautnah miterlebt hatten. Bis zu der Szene mit den Verwundeten im Keller, bei denen es sich tatsächlich um "echte" Arm- und Beinamputierte, nämlich Kriegsversehrte, handelte.
    Der Vilsmaier- Umsetzung ist dies m.E. leider trotz eines erheblich höheren Produktionsbudgets nicht gelungen, nicht zuletzt deshalb, weil der Regisseur meinte, der Produktion eine politische Botschaft aufpfropfen zu müssen.
    Gleiches und ähnliches gilt für viele Remakes der letzten Jahre, z.B. für die Neuverfilmung von "So weit die Füße tragen" von 2001. Während Heinz Weiss selbst als Soldat in russischer Kriegsgefangenschaft war und dadurch dem ersten großen Straßenfeger des deutschen Fernsehens von 1959 eine hohe Glaubwürdigkeit verlieh, wirkt der Hauptdarsteller des Remakes schon aufgrund seiner sehr guten körperlichen Verfassung eher wie ein Abenteuerurlauber, der sich in den Weiten Sibiriens die Hörner abstoßen will.
    Eine Ausnahme bildet "Der Untergang" unter der Regie von Oliver Hirschbiegel von 2004, der zwar kein Remake ist, aber trotz einiger handwerklicher Schnitzer vor allem durch die großartige schauspielerische Leistung eines Bruno Ganz besticht.

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    Dienstag, 12. Mai 2020, 00:34

    Hunde, wollt ihr ewig leben ? und weitere Kriegsfilme

    Jetzt bin ich doch einigermaßen geplättet, Chrissie, daß Du Dir auch Filme dieses Kalibers angeschaut hast, meinen Respekt ! Für Action- Fans und Nietenzähler hatte "Private Ryan" neben ausgesprochen guten Sequenzen (die erste Dreiviertelstunde war und ist atemberaubend) auch einige kleine Schwächen. So hörte ich damals aus dem Bekanntenkreis, daß der Film, was die Rasanz der Handlung anging, nach der knappen ersten Stunde doch etwas abfiel. Auch liefen die Landser damals i.d.R. nicht mit kurzgeschorenen Haaren herum, sondern hatten oft regelrechte "Undercut- Matten", insbesondere die jüngeren von ihnen. Die in den USA sehr einflußreiche NRA (National Rifle Association) schrieb damals, daß deutsche MG 42 weitgehend schon wegen des hohen Munitionsverbrauchs überwiegend mit Feuerstößen und nicht mit Dauerfeuer "gearbeitet" hätten. Soweit zu den Nietenzählern.
    Neuere Produktionen wie "Fury" kann man dagegen vergessen. Mich erstaunt, daß sich jemand wie Brad Pitt dafür hergegeben hat. Immer noch sehenswert sind dagegen die amerikanischen Vietnam- Aufarbeitungen wie "The Deer Hunter" (dt.: "Die durch die Hölle gehen", soweit ich mich erinnere) und natürlich "Platoon" und "Full Metal Jacket". Für sehr empfehlenswert und im Vergleich zu den beiden vorgenannten "absolutely underrated" halte ich darüber hinaus "Hamburger Hill", den ich mir 1988 nach meiner Rückkehr aus Spanien mehrfach im Kino angeschaut habe.
    "Hunde, wollt ihr ewig leben" kannst Du derzeit in voller Länge auf youtube abrufen. M.E. ein immer noch sehr sehenswerter Film, zumal auch eine kleine Liebesgeschichte mit Konsequenzen für den Fronteinsatz des Protagonisten Joachim Hansen darin eingeflochten wurde... ;) . Mehr verrate ich aber an dieser Stelle nicht, damit es nicht zu langweilig wird :
    www.youtube.com/watch?v=SG98ZvMvuM0