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    Montag, 2. Dezember 2019, 16:23

    Tim & Struppi, Lucky Luke & Co. - Die Zeit der frühen frankobelgischen Comic- Adaptionen in Deutschland

    Nach der Währungsreform 1948 bewegten sich zunächst einige kleinere deutsche, aber auch bereits finanzkräftigere ausländische Verlage auf dem sich immer dynamischer entwickelnden Markt für deutsche Jugendcomics. Viele der frühen Serien gingen bereits nach wenigen Heften wieder ein und rissen nicht selten ihre Verleger mit in den Konkurs. Auch indizierte ab 1954 die "Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften" eine ganze Reihe der "bunten Heftchen", um einer vermeintlichen oder tatsächlichen Unkultur in deutschen Kinderzimmern zu begegnen. Erst ab der zweiten Hälfte der 50er Jahre beruhigte sich die Lage etwas, als zunehmend Verleger im wohlverstandenen Eigeninteresse zur freiwilligen Selbstzensur übergingen.
    In diese Zeit fiel auch das erstmalige Erscheinen frankobelgischer Comicserien in Deutschland. Bereits 1951 hatte der Castermann- Verlag damit begonnen, eine Buchausgabe von Hergés "Tim, der pfiffige Reporter" herauszubringen. Die Serie wurde auch in dem Jugendmagazin "Dalla" aus dem Waso- Verlag veröffentlicht. Sowohl "Dalla" als auch "Horrido" aus dem Dunkelmann- Verlag druckten damals als einzige in kleinerem Umfang Comics aus dem frankobelgischen Raum ab. Hauptsächlich handelte es sich dabei um Abenteuer nach historischen oder literarischen Vorlagen. Einige der damaligen Zeichner wie W. Vandersteen oder Jean Graton hatten später mit ihren eigenen Serien wie "Bessy", "Wastl" oder "Michel Vaillant" großen Erfolg.
    Ab 1958 gaben Bastei und auch der Semrau- Verlag jeweils neue Jugendmagazine heraus. Im Oktober diesen Jahres erschien die erste Ausgabe des Bastei- Magazins "Pony". Darin hatten Andy Cayoon und sein Collie Bessy erste Abenteuer in den Weiten des Wilden Westens zu bestehen, die bei den Kindern der damaligen Jahre großen Anklang fanden. Selbst nach dem Einstellen von "Pony" im Jahre 1960 setzte Bastei die Serie zunächst in "Felix" fort, bevor "Bessy" ab 1965 zur eigenständigen Heftreihe wurde. Neben "Bessy" erschienen in den zwei Jahren des Bestehens von "Pony" immer mehr Reihen, die von Zeichnern wie Vandersteen, Funcken oder Graton gestaltet wurden. Oft handelte es sich um kurze Sport- oder Seeräubergeschichten. Aber auch die Abenteuer von "Tim und Struppi" waren bereits in diesem Comicmagazin vertreten.
    Der Semrau- Verlag zielte hingegen mit seinem Jugendmagazin "Der Heitere Fridolin" auf eine etwas ältere Leserschaft. Pfadfindercomics und Abenteuerserien, die meist farbig und in sehr guter drucktechnischer Qualität hergestellt wurden, sollten die Leserschaft begeistern und binden. Hier traten bis 1961 die Reporter "Fridolin und Ferdinand" (Spirou et Fantasio), "Lucky Luke" und auch bereits "Buck Danny" in Aktion. Der "Heitere Fridolin" verstand sich als Semraus deutliche Kampfansage an die seit 1951 in Deutschland gut etablierte "Micky Maus". Das Magazin verfügte über einen soliden redaktionellen Teil mit Berichten aus Sport und Technik, Preisausschreiben sowie einer Briefmarkenecke. Auch wurden zahlreiche Remittendenexemplare zu kostenlosen Probenummern umfunktioniert und u.a. an Schulen verteilt. Dennoch gelang Semrau trotz der sehr guten verlegerischen Qualität mit dem "Fridolin" nie der große Marktdurchbruch. Im Januar 1961 wurden daher sowohl das Magazin als auch die Bemühungen des Verlags eingestellt, sich nachhaltig auf dem deutschen Comicmarkt zu etablieren.
    Ab MItte der 60er Jahre begannen dann mit Ausnahme der "Micky Maus" alle großen deutschen Comic- Magazine damit, Serien aus dem frankobelgischen Raum in ihre Publikationen aufzunehmen. "Felix" war dabei insofern Vorreiter, als darin sowohl "Bessy" aus der "Pony- Konkursmasse" als auch "Wastl" ab 1961 zunächst unter dem Titel "Ulla und Peter" zum Zuge kamen. Ab 1964 war "Pitter" (Mausi und Paul) von André Franquin in den Felix- Sonderheften dabei.
    In den Folgejahren verzichtete Bastei weitgehend auf die Hereinnahme von weiteren frankobelgischen Serien. Außer den eigenständigen Formaten "Bessy" (ab 1965) und "Wastl" (1968- 1972) nahm der Verlag ab "Felix 676" nur noch "Cubitus" aus der Feder von Dupa auf. Erst Anfang der 70er Jahre änderte sich das wieder mit der Übernahme von "Der rote Korsar" (1970-71), "Jerry Spring" (1972) und einzelner Serien in "Bastei Comic" (1972-75).
    Der Kauka- Verlag konzentrierte sich, ähnlich wie Bastei, überwiegend auf frankobelgische "Funnies". So erschien "Pit Pistol" von Uderzo bereits ab 1960 im Erfolgsformat "Fix und Foxi". Erst ab Mitte der 60er zog wieder ein neues frankobelgisches Format bei "FF" ein: "Schnieff und Schnuff" aus der Feder von Robra.
    Auch in "Lupo Modern", dem von Kauka 1964 konzipierten Konkurrenzprodukt zur damals übermächtigen "Bravo", erschienen zahlreiche frankobelgische Reihen, so wiederum "Schnieff und Schnuff" (Boule et Bill), "Pit und Pikkolo" (Spirou), "Siggi und Barrabas" (Asterix), "Lucky Luke" sowie "Rolf und Mikki" (Mick Tanguy). Wie in diesem Forum bereits berichtet, gewann "Lupo Modern/ Tip Top" gegenüber der "Bravo" niemals deutliche Marktanteile, so daß der Verleger 1967 die Notbremse zog und infolge viele Remittenden auf den Wühltischen westdeutscher Kaufhäuser landeten. Dennoch traten viele der bereits erwähnten Frankobelgier weiterhin in "Fix und Foxi", den entsprechenden Sonderheften, Jahresausgaben und Taschenbüchern auf.
    Eine Besonderheit auf dem Markt der Comic- Magazine stellte das Ehapa- Format "Mickyvision" dar. Zumindest die Jahrgänge 1967 bis 1969 gelten heute bei vielen Sammlern frankobelgischer Serien als Höhepunkt deutscher Comics. Zwischen 1962/63 und 1965 war die "Mickyvision" noch zunächst vorwiegend mit Disney- Material gefüllt. Ab 1965/ 66 vollzog sich ein geradezu abrupter verlegerischer Wandel. Als erster frankobelgischer Comicheld trat Rennfahrer "Michael Voss" (Michel Vaillant) sehr erfolgreich in Erscheinung. Im Jahre 1966 gesellte sich bereits der Jet- Pilot "Dan Cooper" dazu. Ein Jahr später folgten "Asterix" und "Ric, der Meisterdetektiv" (Ric Vitess). In seinen Glanzjahren 1967 bis 1969 enthielt "MV" fast nur noch Comicserien aus Frankreich und Belgien. Mit wenigen Ausnahmen waren hier hervorragend konzipierte und gezeichnete Serien vertreten, die den jugendlichen Leser ernst nahmen.Viele der durch die Veröffentlichung in der "MV" bei uns bekanntgewordenen Reihen etwickelten sich in späteren Jahren zu Klassikern, so z.B. "Dr. Jens Lund", "Ray Ringo", "Die Abenteuer des Marc Franval", "Bernhard Prinz", "Fort Navajo", "Bruno Brazil" u.v.a.
    Ab 1969 verdrängten dann zunehmend amerikanische Superhelden wie "Superman" und "Batman" die Frankobelgier in der "MV", so daß diese dort nach 1972 praktisch nicht mehr aufzufinden waren.
    Zum "Erben" der Frankobelgier in Deutschland wurde dann im Verlauf der 70er Jahre das Comic- Magazin "Zack", das in diesem Jahrzehnt neben "Yps" zeitweise ungemein erfolgreich war. Doch das ist bereits eine andere Geschichte... ;)