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    Mittwoch, 22. August 2018, 16:58

    Bewegende Momente der 60er Jahre - Aufbegehren und Jugendkultur in den 60ern

    Die Zeit der Hochkonjunktur in den 60er Jahren führte, bedingt durch rasche gesellschaftliche und kulturelle Wandlungsprozesse, zu oft deutlich wahrgenommenen Spannungen zwischen den Generationen dieser Zeit.
    Natürlich entsprach das heute oft bemühte Bild eines "Aufstandes der Jugendlichen gegen die Welt der Erwachsenen" absolut nicht der Realität in den 60er Jahren. Jedoch ging bei der Veränderung kultureller Werte und Normen eine lautstarke Minderheit von Jugendlichen und jungen Erwachsenen voran und stieß dabei rasch auf Widerstände der älteren Generationen: ihren Eltern und Großeltern sowie Amtsinhabern wie Lehrern, Geistlichen und Politikern.
    Den kulturellen Konflikt zwischen Jugendlichen und der erwachsenen Bevölkerungsmehrheit trugen in der Öffentlichkeit nicht zuletzt die Medien aus. Die "Bildzeitung" als Flaggschiff des Springer- Verlags gab sich dabei als "Sprachrohr des gesunden Volksempfindens", während sich kommerziell orientierte Jugendzeitschriften wie die damals vielgelesene "Bravo" zum moderaten Anwalt der jungen Generation machte.
    Zahlreiche Artikel in den Printmedien dieser Jahre spiegelten die konträren Auffassungen dieser Zeit wieder, z.B. beim Streit um die "richtige" Haar- und Rocklänge, Tänze und Musikrichtungen. Die Twist-, Rock- und Beatrhytmen der 60er Jahre, die in der ersten Hälfte des Jahrzehnts vor allem aus Großbritannien, dann zunehmend aus den USA importiert wurden, hatten als internationales Erkennungszeichen der Jugendkultur eine enorme Bedeutung. Hierin drückten sich Wünsche nach mehr "Freiheit und Lockerheit" besonders nachdrücklich aus. Entsprechend faßte ein großer Teil der Elterngeneration dieser Jahre den Musikgeschmack ihrer Zöglinge als mehr oder weniger offene Kampfansage auf.
    Noch wenige Jahre vor "´68" waren sich Sozialwissenschaftler darüber einig, daß sich die Verhaltensweisen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in der Konsumgesellschaft der 60er Jahre kaum von denen der Erwachsenen unterschieden. Der "Große Jugendbericht" von 1965 kam zu dem Ergebnis, daß eine auf Zerstreuung bedachte Freizeitorientierung, eine zunehmende Aufweichung sexueller Normen, ein ausgeprägtes Besitzstreben und eine gewisse Scheu vor gesellschaftlichen Engagements jung und alt gemeinsam verbinde. Bei den damals 14- bis 19- jährigen rauchten 53 % der Jungen und 13 % der Mädchen, ein Drittel dieser Altersgruppe trank regelmäßig Alkohol.
    Darüber hinaus machten Veröffentlichungen mit Titeln wie "Geld in Nietenhosen" darauf aufmerksam, daß auch Jugendliche in den 60ern zu einer wichtigen Konsumentengruppe geworden waren, die von der Werbeindustrie stark umworben wurde.
    Anfang der 60er Jahre besaß mehr als die Hälfte der jungen Erwachsenen im Alter zwischen 21 und 25 ein eigenes Radiogerät, und selbst die Gruppe der 12- bis 16- jährigen verfügte häufig über ein Kofferradio oder einen kleinen Taschentransistor. Zum Geburtstag schenkten sich viele Jugendliche eine "Single" oder legten für eine ungleich teurere "LP" zusammen.
    Durchschnittlich besaß 1960 jeder Jugendliche zehn Schallplatten. Da diese relativ teuer waren (Singles um die 5,- DM, LP´s ca. 20,- DM), stand bald ein Tonbandgerät ganz oben auf der Wunschliste insbesondere vieler männlicher Jugendlicher. Mit ihm konnten Schallplatten ausgeliehen und aufgenommen sowie Musikbeiträge im Radio mitgeschnitten werden. Ab Mitte der 60er Jahre kamen dann auch allmählich die ersten Kassetten- Recorder auf den Markt.
    Äußerster Beliebtheit erfreuten sich zu dieser Zeit auch Milchbars und Eissalons, in denen eine Music- Box die Titel der internationalen Hitparaden spielte. Beachtliche 50.000 (!) dieser Geräte waren 1960 in der Bundesrepublik aufgestellt. 1964 wurden die Ausgaben der Altersgruppe von 14 bis 25 Jahren auf beachtliche 17 Milliarden DM, 1967 bereits auf 24 Milliarden DM jährlich geschätzt.
    Textilkaufhäuser wie C & A richteten damals eigene Modeabteilungen für junge Leute ein, und das Wort "Boutique" erhielt insbesondere für junge Mädchen einen magischen Klang.
    Dabei gab es beträchtliche Unterschiede zwischen jugendlichen Arbeitern, die wöchentlich um die 40 bis 50 DM ausgeben konnten, sowie Schülern und Studenten, denen lediglich 10 bis 15 DM zur Verfügung standen. Die zunehmende Konsumkraft von Jugendlichen lag u.a. darin begründet, daß in den 60er Jahren erwerbstätige junge Menschen längst nicht mehr nahezu ihren gesamten Lohn im elterlichen Haushalt abzugeben hatten, wie dies in den kargeren 50ern oft genug noch der Fall war.
    In der Phase der Vollbeschäftigung umwarben Unternehmen ihre meist aus geburtenschwachen Jahrgängen stammenden, künftigen Lehrlinge oft wie kleine Könige. Mitte der 60er Jahre waren die Zeitungen gefüllt mit Anzeigen, in denen 14- jährigen Volksschulabgängern für den Antritt einer Lehrstelle Mopeds, Ferienreisen oder ein gut gefülltes Sparbuch versprochen wurde. Dennoch blieb in diesem Zeitraum gut ein Drittel der angebotenen Lehrstellen vor allem im gewerblichen Sektor unbesetzt. Viele Jugendliche wandten sich technischen oder administrativen Berufen zu, die genügend schnellen Verdienst für gehobenere Konsumansprüche versprachen.
    Zugleich begann in den 60er Jahren sich ein Trend zu höheren Schulabschlüssen zu etablieren. Während im Jahre 1960 noch nahezu 90 (!) % aller Schulabgänger mit einem Hauptschulabschluß ins Leben traten, sank diese Quote zum Ende dieser Dekade auf immer noch beachtliche 80 %. Infolge verdoppelte sich die Zahl der Realschüler bis 1970 auf 860.000 und die der Gymnasiasten auf rund 1,4 Millionen. Ein Bildungszuwachs, z.B. durch das Beherrschen der englischen Sprache, schuf so offenbar neue kulturelle Schranken zwischen den Generationen.
    Mitte der 60er bestimmte der konsumbewußte, ansonsten weitgehend angepaßte Teenager noch weitgehend das öffentliche Bild der Diskussionen über Jugendkultur.
    Bereits in den späten 50er jahren verstärkten viele Kommunen ihre Bemühungen nach geeigneten Räumlichkeiten für Jugendtreffs, aus denen sich oft die späteren "Häuser der Jugend" entwickelten. Bis in die frühen 60er Jahre wurden hier gelegentlich "Tanzabende" abgehalten, deren Ablauf aber vielen Jugendlichen als zu bieder erschien und die in den Folgejahren oft durch attraktivere "Kellerlokale" abgelöst wurden, in denen z.B. junge Bands in lockerer Atmosphäre auftreten konnten.
    Generell war seit dem Beginn der 60er Jahre eine zunehmende Krise der organisierten Jugendarbeit zu beobachten. Kirchen, Gewerkschaften oder Jugendorganisationen der Parteien klagten unisono über ein stetig abnehmendes Interesse seitens der von ihnen angesprochenen Jugendlichen.
    Dagegen wurde Großbritannien in diesem Jahrzehnt, soweit finanziell machbar, zu einem der beliebtesten Reiseziele von Jugendlichen, da es zu dieser Zeit der maßgebende Impulsgeber der internationalen Musikszene war. Die Bedeutung der neuen Beat- Musik kann in der Rückschau nicht hoch genug eingeschätzt werden. Vor allem die "Beatles" und die "Rolling Stones" schrieben die "Titelmusik" der 60er. Bis in die Klassenzimmer der damals 13- bis 14- jährigen Schüler wogte damals der Streit, welcher der beiden Gruppen der Vorzug zu geben sei. Infolge kamen in den der 60ern immer mehr neue Beat- und Rockgruppen auf (The Who, Pink Floyd, Manfred Mann u.v.a.), die bundesweit ihre jeweils feste Fangemeinde hatten.
    Als deutsche Antwort auf das britische Vorbild galt vor allem die Musikszene in Hamburg- St. Pauli, dessen 1962 eröffneter Star- Club auf Plakaten warb: "Die Not hat ein Ende ! Die Zeit der Dorfmusik ist vorbei !" Der Star- Club wurde zu einem sozialen Schmelztiegel der neuen Jugendkultur, da er nicht nur junge Arbeiter, sondern zunehmend auch Oberschüler und Studenten anzog.
    Für viele Erwachsene dieser Jahre wirkte ungewohnt provozierend, daß sie mit dem gestiegenen Selbstbewußtsein ihrer Kinder konfrontiert wurde, die die "schlechten Zeiten" nicht mehr bewußt miterlebt hatten und die für sich eine eigene Lebensweise, frei von der Einmischung durch erwachsene Autoritäten, einforderten.
    Zum bevorzugten Objekt der medialen Berichterstattung wurden ab Mitte der 60er Jahre die sogenannten "Gammler", die zwar nur eine verschwindende Minderheit innerhalb der deutschen Jugend dieser Jahre ausmachten, aber die dennoch 1966 sogar dem "Spiegel" eine Titelstory wert erschienen. Man schätzte sie bundesweit auf lediglich einige Hundert, dennoch galt das "Schnorren" sowie die Ablehnung jeglicher Arbeit in der bundesdeutschen Leistungsgesellschaft der 60er Jahre vielen als größtmögliche Provokation. Das Boulevardblatt "Bild" forderte im Stil der Zeit damals sogar, ihnen die Haare zu scheren und sie in Arbeitshäuser zu verbringen.
    An vielen Schulen wurden die immer länger werdenden Haare der männlichen Jugendlichen nach Mitte der 60er Jahre zum heftig diskutierten Streitpunkt. Lehrer drohten gelegentlich mit Disziplinarmaßnahmen, konnten sich gegen die "Persönlichkeitsrechte" ihrer Schüler aber i.d.R. nicht durchsetzen. Auch in der Bundeswehr kam es zu erheblichen Konflikten über die Haarlänge, die erst Anfang der 70er Jahre mit dem sogenannten "Haarnetz- Erlaß" halbwegs befriedigend beigelegt werden konnten.
    Zu einem außerordentlich wichtigen Thema in der Jugenddiskussion wurde die in den späten 60er Jahren meist zunächst in den bundesdeutschen Großstädten aufkommende Drogenproblematik. Cannabis, meist in der Form von Haschisch, fand Ende der 60er/ Anfang der 70er in immer mehr Schulen Verbreitung. LSD- Trips galten damals im Bewußtsein großer Teile der Öffentlichkeit als "Wahnsinnsdroge", die insbesondere dem kunterbunten Hippie- Milieu zugeordnet wurde.
    Interessante Clips zum Thema:
    www.youtube.com/watch?v=MYAXyj9WYe0
    www.youtube.com/watch?v=6qPQLdfnVnU