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    Donnerstag, 10. Mai 2018, 20:40

    Bewegende Momente der 60er Jahre - Die Fußball- Weltmeisterschaft in Chile 1962

    Im Vergleich zur WM von 1966 in England zählt die Fußball- Endausscheidung, die vom 30.5. bis 17.6. 1962 in Chile stattfand, bei uns zu den eher vergessenen Weltmeisterschaften. Das lag u.a. daran, daß Deutschland bereits im Viertelfinale gegen einen Gegner, der aus Sicht vieler damaliger Zeitgenossen durchaus bezwingbar gewesen wäre, ausschied und die Spiele damals im relativ neuen Medium Fernsehen noch nicht live aus Südamerika übertragen werden konnten. Man beschränkte sich stattdessen auf zusammenfassende Darstellungen der Spiele, die im Abstand von einigen Tagen ausgestrahlt wurden. Auch wirkte die ausgesprochene Defensiv- Taktik vieler Teams der WM von´62 oft alles andere als unterhaltend.
    Als fünfjähriger Knirps, der nach einem Krankenhausaufenthalt seinen ersten Familienurlaub überhaupt auf einem Campingplatz in Norditalien verbrachte, werde ich von der Fußball- WM ´62 damals noch nicht allzuviel mitbekommen haben.
    Wie bereits erwähnt, huldigte die Mehrzahl der teilnehmenden Mannschaften mit Ausnahme des Titelverteidigers Brasilien einer bisweilen ermüdenden Defensiv- Taktik, so daß den Südamerikanern der Sieg relativ leichtgemacht wurde. Und dies, obwohl Brasiliens Trainer seit der WM von 1958 in Schweden lediglich drei Spieler der Nationalmannschaft ersetzt hatte und die brasilianische Elf mit Spielern wie Santos, Didi und Vava bereits unter reichlicher Überalterung litt.
    Dennoch schlug Brasilien in der Vorrunde Mexiko mit 2:0 und Spanien mit 2:1. Nur gegen den späteren Finalgegner CSSR mußten die Brasilianer ein 0:0 hinnehmen, nachdem sich der damalige Superstar Pélé einen Muskelriß zugezogen hatte und für den Rest des Turniers ausfiel.
    Nach den leicht errungenen Siegen gegen England mit 3:1 im Viertelfinale und gegen Chile mit 4:2 im Halbfinale traf der Titelverteidiger im Endspiel auf eine tchechische Nationalmannschaft, die sich vor allem aufgrund ihres überragenden Torwarts für das Finale qualifiziert hatte. Ausgerechnet im Endspiel versagte jedoch der tchechische Keeper Schroiff kläglich und verhalf der brasilianischen Elf zu einem relativ leicht zu erringenden 3:1- Meisterschaftssieg.
    Deutschland folgte in dieser WM dem Zeittrend und entschied sich für eine defensive, gelegentlich sogar destruktive Taktik. Die Elf unter Sepp Herberger realisierte im Auftaktspiel gegen Italien ein 0:0. Im Anschlußspiel der Vorrunde siegten die deutschen Kicker gegen die Schweiz mit 2:1 durch Tore von Brülls und Seeler.
    Im Viertelfinale traf die deutsche Elf auf Jugoslawien und mußte nach einem enttäuschenden 0:1 die Heimreise antreten. Radakovic kam fünf Minuten vor Spielende noch zum Schuß und überwand Keeper Fahrian.
    Nach seiner vierten und letzten Weltmeisterschaft als Reichs- und Bundestrainer gab es für Sepp Herberger nach seiner Rückkehr erheblichen Ärger. In der deutschen Öffentlichkeit schlug das "vertane" Spiel gegen Jugoslawien hohe Wellen. Zwar waren die Deutschen über lange Strecken die bessere Elf, schossen aber keine Tore. Im legendären Sturm mit Albert Brülls, Helmut Haller, Uwe Seeler, Horst Szymaniak und Hans Schäfer bewies lediglich Seeler normale Formstärke. Haller wies auf viele vermeintliche taktische Fehler Herbergers hin, dessen betonte Defensivtaktik gegen die "cleveren" Jugoslawen zwangsläufig schiefgehen mußte.
    Auch Torwart Hans Tilkowski beschwerte sich darüber, daß Herberger den Neuling Fahrian vorgezogen hätte, obwohl dieser während der WM keine gravierenden Fehler machte.
    Enttäuscht war man auch, weil der Bundestrainer bis zum Schluß an Altweltmeister Schäfer festgehalten hatte, obwohl der Kölner offensichtlich völlig außer Form war. In Konsequenz "streikte" nach Chile ´62 die halbe deutsche Nationalmannschaft, so daß Herberger während seiner letzten beiden Jahre als Bundestrainer auf Tilkowski, Haller, Brülls, Szymaniak und Herrmann verzichten mußte, die erst wieder unter Herbergers Nachfolger Helmut Schön an Spielen der deutschen Nationalmannschaft teinahmen.
    Herberger, der bereits 1962 von vielen Zeitgenossen als "zu alt für die Position des Bundestrainers" angesehen wurde, nahm 1964 nach dem Tod seines Mentors und DFB- Präsidenten Peco Bauwens endgültig seinen Hut und wurde von Helmut Schön abgelöst.
    Was blieb von dieser "vergessenen" Fußball- WM noch in bleibender Erinnerung ? Es war jenes Spiel in der deutschen Gruppe, das als die "Schlacht von Santiago" bekannt wurde, in dem die Mannschaften Chiles und Italiens unrühmlich aufeinander trafen. In dem Spiel, das später auch als "Weltkrieg der Fußtritte" bezeichnet wurde, zertrümmerte ein Leonel Sanchez ungestraft dem italienischen Nationalspieler Maschio mit einem Fausthieb das Nasenbein. Der englische Schiedsrichter Ken Aston drückte während des Spiels weitgehend beide Augen zu, auch als die Chilenen reihenweise ihre Gegenspieler bespuckten, mit Drohgebärden provozierten und mit Füßen traten. Vom Platz schickte Aston lediglich die Italiener Ferrini und David.
    Dem Ganzen vorausgegegangen war eine sehr "unvorteilhafte" Reportage zweier italienischer Journalisten über die sozialen Verhältnisse in Chile, das nur zwei Jahre zuvor von einem sehr schweren Erdbeben gebeutelt wurde, so daß die FIFA zeitweilig erwog, die WM in einem anderen Land austragen zu lassen.
    "Interessierte Kreise" lancierten die Reportage mit eindeutigen Kommentaren an die chilenische Öffentlichkeit, so daß die Stimmung beim Anpfiff des Spiels sowohl außerhalb als auch innerhalb des Stadions entsprechend aufgeheizt war.
    Neben zahlreichen Clips über Einzelspiele (umfassendere Dokumentationen waren nicht aufzufinden) findet sich auf www.youtube.com eine sehr sehenswerte, kurze Einspielung über die "Schlacht von Santiago" :
    www.youtube.com/watch?v=RtD3HtFCwk4